Diagnose Brustkrebs und Partnerschaft
» „So wie das aussieht und sich mit Kontrastmittel anreichert, ist es, meiner Erfahrung nach, was Bösartiges.“
Die Worte des Radiologen zu meinem MR-Befund klingeln in meinen Ohren. Ich habe Brustkrebs? Ich merke wie ich zu schwanken beginne, zum Glück sitze ich noch auf dem Untersuchungsbett. Dann stehe ich auf, irgendwie, ferngesteuert, bin wie in Trance. Ich spüre seine Hand auf meiner Schulter – es hat etwas Tröstliches aber auch etwas Endgültiges, Vernichtendes.
Im Wartezimmer sind andere Menschen. Im selben Raum – aber ich bin Lichtjahre von ihnen getrennt. Es kommt mir so vor, als wären die Welten verschoben. Ich sehe die anderen, aber sie können mich nicht sehen. Nicht wirklich. Nicht so wie ich jetzt bin, mit diesem „Makel“ mit dem Damoklesschwert über mir. Ich brauche meine ganze Kraft, um die Fassung zu bewahren. Bezahle und nehme meinen schriftlichen Befund entgegen. „Alles Gute!“ wünscht mir wer. Was ist jetzt noch gut? Im Auto breche ich dann zusammen…«
Berg- und Talfahrt
Mit so einer Diagnose steht für jeden Menschen die Welt von einer Sekunde zur nächsten auf dem Kopf. Der Boden wird dir unter den Füßen weggezogen und du stehst unter Schock. Was vorher noch so wichtig erschien ist jetzt keinen Gedanken mehr wert. Ein Spießrutenlauf beginnt.
Von einem geäußerten Verdacht bis zur gesicherten Diagnose „Mammakarzinom“ vergehen im besten Fall zwei bis drei Wochen. Wochen voller Angst und Unsicherheit vor allem was sein kann und sein wird. Das Gefühl der Ohnmacht und die Handlungsunfähigkeit lassen diese Tage wie Monate erscheinen. Die endgültige Diagnose bringt, auch wenn es die Schlimmste ist, die man sich vorgestellt hat, paradoxerweise Erleichterung. Jetzt gibt es einen Plan, jetzt ist endlich die Zeit des Handelns.
Mit der Therapie beginnt eine schwere Zeit, die geprägt ist von körperlichen Beschwerden und Schmerzen, die mal mehr und mal weniger ausgeprägt sind, von einer Berg- und Talfahrt der Gefühle und einem ständigen Gedankenkarussell.
Dieses permanente körperliche, mentale und seelische Auf- und Ab setzt nicht nur der Betroffenen zu, es ist auch für den Partner und die Beziehung manchmal eine ziemliche Belastung. Brustkrebs (jeder Krebs) ist eine lebensbedrohliche Erkrankung und Phasen voller Wut und Aggression wechseln sich ab mit tiefer Verzweiflung, Angst um dein Leben und Selbstmitleid. Und all dies ist normal und darf sein.
In solchen Ausnahmesituationen schwerer Krankheit machst du auch die Stufen der Trauerphasen durch, wie eben Wut und Zorn, Nicht-wahr-haben wollen und Anklagen.
Auch die Partner sind betroffen
Für deinen Partner/ deine Partnerin ist diese Situation meist genauso belastend. Auch der Partner macht diese Trauerphasen durch, verspürt Angst, Unsicherheit und Zweifel. Meist traut er sich dies nicht zu zeigen, denn er versucht „stark zu sein“ und eine Stütze. Zu sehen, wie der geliebte Mensch Schmerzen hat, voller Angst und Verzweiflung ist oder sich die Seele aus dem Leib kotzt, wirkt bedrückend. Er übernimmt vielleicht viele zusätzliche Aufgaben um dich zu entlasten und belastet sich damit zusätzlich.
Ihr könnt es beide gut brauchen, öfters in den Arm genommen zu werden und vielleicht mögt ihr euch das gegenseitig schenken. Die Beziehung wird inniger und gewinnt an Tiefe. Nichts schweißt mehr zusammen, als eine schwierige Zeit gemeinsam durch zu stehen.
Wenn es in einer Beziehung schon mehr oder weniger unterschwellig schwelt, können solche schweren Schicksalsschläge wie Brandbeschleuniger wirken und es kann zum endgültigen Bruch kommen. Gerade wenn man besonderen Halt und Stütze braucht fällt dieser (plötzlich) weg.
Warum schreibe ich „plötzlich“ in Klammer? Weil viele schon vorher etwas geahnt oder gespürt haben – ein undifferenziertes Gefühl, schwer einzuordnen. Mehr oder weniger deutlich und jetzt Gewissheit haben.
Es kann aber auch erleichternd sein. Eine unterschwellige Beziehungskrise, die weiter brodelt ist eine zusätzliche Belastung, in einer Zeit, in der man all seine Kraft, Energie und den Fokus für die eigene Gesundheit braucht. Ja, es ist Zeit für gesunden Egoismus. Ein Partner hat da manchmal keinen Platz mehr. Und ich weiß von Frauen, die in dieser herausfordernden Lebensphase eine Trennung gemeistert haben und auch dadurch gestärkt hervorgegangen sind.
Das wichtige ist, dass du auch für deine Psyche, für deine Seele Hilfe und Unterstützung holst. In vielen Krankenhäusern wird ein psychoonkologischer Dienst gratis angeboten. Nimm dieses Angebot an.
Es kann auch Sinn machen eine Paarberatung in Anspruch zu nehmen. In einer ersten Sitzung könnt ihr klären, ob ihr euch gleich trennen wollt oder eure gemeinsamen Probleme „ins Regal“ stellt und später bearbeitet, wenn wieder Platz und Raum dafür ist. Wann dieser Zeitpunkt kommt ist individuell. In der Regel macht es Sinn die Chemotherapie und/oder Bestrahlungen abzuschließen, damit dein Körper und dein Geist wieder unbeschwerter ist, um sich mit anderen Dingen zu beschäftigen.
Beziehung zu dir selbst
Doch nicht nur die Beziehung zu deinem Partner / deiner Partnerin ist in dieser Zeit vielleicht angespannt. Wie steht es denn mit der Beziehung zu dir selbst? Wie nimmst du dich zurzeit wahr? Was könnte dich jetzt stärken? Wie gehst du mit dem Ganzen um und wie fühlst du dich wirklich?
Fragst du dich ständig „Warum?“ „Warum ich, warum mir, warum jetzt?“ Diese Frage lässt dich ständig im Kreis drehen. Es gibt keine Antwort. Doch vielleicht magst du das Warum ersetzen durch ein Wofür. Wofür mache ich das alles durch? Wozu kann es mir dienlich sein? Ändern kannst du es nämlich nicht! Ändern kannst du nur deine Einstellung dazu – und deine Einstellung zu dir! Das ist deine Macht! Deine Selbstermächtigung. Du bist die Architektin deines Lebens – du entscheidest wie und wo du „wohnst“, wie du es dir in deinem Leben einrichtest!
Wie kannst du nun gestärkt aus dem Ganzen hervorgehen?
Ich habe hier für dich fünf kleine Übungen zusammengestellt. Sie kommen zum Teil aus dem Mentaltraining und wirken über unsere Körperhaltung und auch über unsere geistige Haltung! Sie sollen für Kraft und Energie sorgen und deine Resilienz stärken. Los geht’s:
- Spiegelübung I: Wenn du in der Früh vor dem Spiegel stehst, lächle dir zu. Schau dir in die Augen und lächle dich an – liebevoll aus ganzem Herzen. Für den Fall, dass dir das noch schwer fällt, gilt hier: Fake it, until you make it!
- Spiegelübung II: Finde mindestens drei Dinge, die du an dir magst. Zum Beispiel deine Augenfarbe, den Schwung deiner Lippen, deine Wangenknochen, deinen Hals, deine Kopfform, deine Schultern,….
- Wonderwoman: Wie steht Wonderwoman da? Richtig: Aufrecht, groß, die Arme in die Hüften gestemmt. Sie nimmt Raum ein. Du kannst auch die Arme hochreißen als würdest du gerade als Erste über die Ziellinie laufen. Ich höre dazu oft die Titelmusik von dem Film „Rocky Balboa (Theme Song)“ J
- Baumübung: Stelle dich mit beiden Beinen fest auf den Boden und finde wie ein Baum sicheren Halt in der Erde. Du kannst dir dabei vorstellen, dass Wurzeln aus deinen Fußsohlen in die Erde wachsen.
- Gedankenstopp: Wenn du merkst, das Gedankenkarussell dreht sich, setze ein bewusstes STOPP! Du kannst dabei auch einen Schritt zur Seite oder zurück machen – raus aus den Gedanken. Und du kannst dir eine „Grübelecke“ einrichten, ein Platz oder einen Sessel, an dem du deinen trüben Gedanken nachhängst und sie auch wieder loslässt, sobald du aufstehst. Du kannst deine Gedanken kontrollieren, denn wir sind nicht unsere Gedanken, wir haben nur Gedanken!
Natürlich sind die Übungen auch super, wenn man keinen Brustkrebs hat oder hatte. Sie bringen dich zurück zu dem wichtigsten Menschen in deinem Leben – dir selbst!
Allen die gerade in der Diagnose und Therapie eines Mammakarzinoms stecken wünsche ich, dass sie ihre Kraft, ihren Mut und ihre Stärke in sich finden.
Und ich wünsche allen viel Freude & Erfolg mit dem Ausprobieren der Übungen.
Wenn du Unterstützung dabei brauchst, vereinbare gerne einen Termin mit mir.