Annette fragt… Anna Farris
Ein medizinisches Dankeschön
Anders als sonst spiele ich heute auf meiner Blog-Bühne bloß eine Neben- oder vielmehr Statistenrolle. Am besten verziehe ich mich sogar still und leise ins Publikum und applaudiere all meinen Ärztinnen und Ärzten, sämtlichen Pflegekräften und sonstigen schulmedizinischen und alternativtherapeutischen Helferlein, die während meiner Krebsreise um mich herumwuselten und sich um mein körperliches und auch seelisches Wohlbefinden bemühten. Außerdem lüfte ich ein Geheimnis über weiße Kittel in Kliniken und Arztpraxen.
Von Vorurteilen, Feiertagen und einem Sinneswandel
Bestimmt könnte jede und jeder von euch Leserinnen und Lesern zum Stichwort „Neulich in der Arztpraxis“ spontan eine Geschichte über eine kuriose Ärztin oder einen kuriosen Arzt zum Besten geben, auf Knopfdruck über lange Wartezeiten schimpfen oder freie Termine „frühestens in ein paar Wochen” meckern, von einem unguten Patientengespräch oder vielleicht sogar einer Fehldiagnose berichten. Vom Telefonat mit der freundlichen Dame vom Empfang, den herzlichen Genesungswünschen beim Verlassen der Praxis, der schmerzfreien Blutabnahme oder dem schön eingerichteten Wartezimmer hingegen wird wahrscheinlich keine oder keiner von euch berichten.
Meistens bleiben ja die negativen Erfahrungen länger haften und die positiven lassen wir hintenüber fallen. Deshalb nehme ich jetzt einmal bewusst Zeit, um mir Gedanken über meine Erlebnisse und Begegnungen der letzten Monate in diversen Arztpraxen und mehreren Kliniken zu machen.
Ich gestehe, dass es mir bisher nicht in den Sinn gekommen ist, ein Plakat mit der Aufschrift „Thanks doctor!“ aufzuhängen oder eine Dankeskarte an meine Hausärztin, meinen Gynäkologen oder den Kinderarzt zu schreiben. In den USA allerdings wird das jedes Jahr am „national doctor´s day“ zelebriert und mit Feiern in vielen Krankenhäusern und Praxen an die wertvolle Arbeit von Ärztinnen und Ärzten erinnert. Diesen Tag gibt es bei uns in Deutschland nicht, stattdessen aber den „Internationalen Tag der Pflege”, mit dem man die Pflegekräfte in Krankenhäusern feiert. Dieser ging allerdings bislang unerkannt an mir vorüber (Hand hoch, wer ihn bis eben auch nicht kannte!)
National Doctor´s Day: Er wird seit 1933 am 30.3. in den USA zelebriert. Initiiert wurde er von Eudora Brown, einer Arztgattin, um auf den großen Einsatz und die vielen Entbehrungen von Ärztinnen und Ärzten hinzuweisen. Das Datum geht auf die erste Anästhesie während einer Operation am 30.3.1842 zurück.
Internationaler Tag der Pflege: Dieser Tag wurde 1965 ins Leben gerufen und wird am 12. Mai begangen. Der Tag erinnert an den Geburtstag der britischen Krankenpflegerin und Pionierin der modernen Krankenpflege, Florence Nightingale, am 12.5.1820.
Bis zu meiner Diagnose nahm ich Arztpraxen mehr oder weniger als notwendige Örtlichkeiten hin, die ich ab und zu besuchen musste, um eine Impfung aufzufrischen, mir Blut abnehmen oder meine Zähne kontrollieren zu lassen. Den Menschen, die dort arbeiteten, begegnete ich neutral.
Aber seitdem ich ein krebsiges Innenleben habe und viel Zeit in Wartezimmern, Praxen und Kliniken verbracht habe, hat sich mein Blick auf den medizinisch-pflegerischen Bereich stark verändert. Dort leisten viele Menschen unfassbar wichtige Arbeit, sind täglich mit persönlichen Schicksalen beschäftigt und geben ihr Bestes, um Patientinnen und Patienten ihre kleinen, großen oder auch sehr großen Erkrankungen erträglicher zu machen.
I proudly present…
Alle voran danke ich meiner Herzens-Ärztin Frau Dr. F., meinem Lieblings-Onkologen Herrn Dr. K., meinem Strahlen-Professor Herr Dr. M., dem Ultraschall-Experten und Krebs-Finder Herrn Dr. B. sowie dem Krankenhauspersonal in der Helios-Klinik in T.-N., dem Team der Chemo-Ambulanz in Fr. und der Strahlenklinik in V. und meiner liebe Hausärztin und Freundin, Frau Dr. S. sowie ihrem Praxisteam. Zusätzlich richtet sich dieser Text an meine wunderbare Physiotherapeutin E., an Frau K., die mir über die Füße viel Energie gab und mich in eine aufrechte Position brachte. Außerdem an Frau S. und Frau Sch. für psychotherapeutische Unterstützung und an Frau K. für Hilfe in alternativmedizinischer Form.
Ich hatte ein wunderbares allround-medizinisches Netzwerk. Durch die Heldinnen- und Heldenhaftigkeit aller genannten medizinischen Helferlein wurde so manche krebsige, covidlastige und sonstwie mistig-kranke Situation besser, leichter und auch persönlicher. Mit diesem Internet-Dankes-Statement verneige ich mich vor ihnen allen.
Pokale für meine Ärztinnen und Ärzte
In zahlreichen Artikeln (z.B. https://www.netdoktor.at/magazin/was-ist-ein-guter-arzt-6971000), in Internetforen und privaten Gesprächen wird deshalb immer wieder über „die ideale Ärztin“ oder „den idealen Arzt“ geschrieben, nachgedacht und gesprochen.
Sicherlich waren objektiv betrachtet auch bei meinen Aufenthalten in den Praxen oder Kliniken nicht alle Momente optimal, war nicht jedes Gespräch perfekt und nicht jede Untersuchung wunderschön. Aber: Für mich stimmte die Chemie zu und ich freue mich sagen zu können, dass meine Ärztinnen und Ärzte für mich genau die richtigen waren.
Jede und jeder von ihnen..
… behandelte mich freundlich und respektvoll.
… zeigte mir gegenüber Wertschätzung.
… überging keine meiner Fragen und reagierte auch angesichts von Nachfragen nicht genervt.
… beantwortete meine Emails zeitnah.
… gab mir immer das Gefühl, wichtig zu sein.
… begegnete mir gegenüber ernsthaft, aber nicht trocken.
… konnte mir Befunde verständlich und ohne Fachsimpelei mitteilen.
… war in ihrem/seinem Aufgabengebiet fachlich versiert und arbeitete äußerst professionell.
… hatte Routine in ihrem/seinem Beruf.
… wusste Bescheid über neue Studienerkenntnisse.
… konnte auch mal mit mir lachen oder einen Witz machen.
Patientinnen und Patienten haben eine Stimme
Im Falle einer Krebs- oder sonstigen schweren Erkrankung mit längerem Verlauf ist es wichtig, dass du dich als Patientin oder Patient fachlich gut behandelt, persönlich wertgeschätzt und insgesamt im Kontakt mit deiner Ärztin oder deinem Arzt wohl fühlst.
Möglicherweise hast du selbst nicht so großes Glück wie ich und fühlst dich manchmal von deiner Ärztin oder deinem Arzt missverstanden oder schlecht beraten. Dann nimm dich als Patientin und Patient ernst. Schließlich geht es um deinen Körper, deine Erkrankung und dein Leben!
- Stelle Fragen und bestehe auf Antworten.
- Sage „Nein“, wenn du eine Behandlung nicht möchtest.
- Benenne es klar, wenn dir eine Maßnahme weh tut.
- Bitte darum, dass dir Befunde so erklärt werden, dass du sie verstehst.
- Lass dir Therapieformen, Medikamente und sonstige Behandlungen begründen oder Studien dazu benennen.
- Bestehe auf einer Zweitmeinung, falls du an einem Ergebnis zweifelst oder einfach doppelte Sicherheit haben möchtest.
- Lass dir Laborbefunde ausdrucken.
- Speichere den Emailverkehr mit deinen Ärztinnen und Ärzten ab, drucke ihn ggf. auch aus und hefte ihn gemeinsam mit Arztbriefen etc. ab.
- Kommst du gar nicht zurecht mit der Art deiner Ärztin/deines Arztes, dann überlege, dir eine/n anderen zu suchen.
Ich selbst hatte in den letzten Monaten ein einziges Mal einen unschönen Arzt-Patientinnen-Moment. Da ging ein Gespräch tatsächlich völlig daneben. Ich wurde missverstanden, fühlte mich unwohl und in die Ecke gedrängt. Das meldete ich dem entsprechenden Arzt in einer Email zurück, auf die er nicht reagierte. Ich werde ihn nicht mehr aufsuchen und habe schon Ersatz gefunden.
Hip-hip-Hurra in die zweite und dritte Reihe
Neben den „Göttinnen und Göttern in bunt” standen mir medizinisch, pflegerisch und bürokratisch noch weitaus mehr Personen zur Seite. Da gab es MTAs, MRTAs, MFAs und andere medizinische Angestellte, deren Bezeichnungen im Einzelnen ich gar nicht alle kenne. Außerdem waren da auch Menschen hinterm Tresen in den Praxen, Männer und Frauen in Apotheken und nicht zuletzt auch noch Damen und Herren in den Büros, die Arztbriefe und Rechnungen schrieben, Telefonanrufe entgegennahmen oder Emails beantworteten.
Was ich bislang nur vom Hörensagen und aus der Presse kannte, erlebte ich nun hautnah: Die Personaldecke ist deutlich zu dünn, die Arbeit hart und anspruchsvoll, die Verantwortung hoch, die Zeit oft knapp und die Bezahlung ungenügend. Aber das alles ließ man mich nicht spüren.
Ich wurde
… immer freundlich begrüßt und herzlich verabschiedet.
… getröstet.
… beruhigt.
… humorvoll angepackt.
… nicht bemitleidet und nicht belächelt, sondern immer ernst genommen.
… freundlich angelächelt.
… oft mit Extra-Minuten bedacht.
… aufgemuntert.
… im Durchschnitt höchstens 20 Minuten ins Wartezimmer gebeten.
… auf kurzem Weg mit Adressen und Termine bei anderen Ärztinnen und Ärzten versorgt.
Und noch ein alternatives Danke obendrauf
Neben der schulmedizinischen Seite kümmerten sich Hände und Köpfe fernab von Infusionsbeutel, Spritzennadel, OP-Hemdchen und Ultraschallgerät um mein Wohlergehen. Für diese alternativtherapeutischen Heldinnen und Helden mache ich erneut Platz auf der Blog-Bühne. Auch all diesen Personen gebührt mein Dank. Sie machten mir so manchen unschönen, schmerzhaften, traurigen und schwachen Gruselmoment auf der Krebsreise erträglicher und taten meiner krebsigen Seele gut.
Ich erlebte…
… ein körperliches Wohlgefühl.
… hilfreiche Gespräche.
… ruhige Momente.
… eine Kraftzufuhr, die sich mit rationalem Verstand nicht erklären lässt.
Wie sag ich Danke?
Jedes meiner medizinischen Helferlein verdient meinen vollsten Respekt für seine kräftezehrende, stressige, tolle und zeitintensive Arbeit, die durch die Corona-Pandemie sicherlich noch verschärfter war als sie sowieso schon ist.
Deshalb wollte ich mit kleinen materiellen Aufmerksamkeiten bedanken. Hierzu spazierte ich ein wenig durch die Onlineshopping-Welt, las ein paar Texte und blieb außerdem an einen tollen Blogartikel hängen (http://www.jessyfromtheblog.de/2021/01/31/DANKE-AN-ALLE-PFLEGEKRAEFTE/ ). Hier singt eine Bloggerin ein Loblied auf die Pflegekräfte im Altersheim ihres Opas und lässt außerdem medizinisches Personal zu Wort kommen.
Danach wusste ich – und nun wisst auch ihr, liebe Leserinnen und Leser – welche Geschenke in Arztpraxen und Klinikambulanzen gut ankommen:
- Schokoladige oder gummiartige Nervennahrung. Die macht Nachtdienste wacher, unvorhergesehene verlängerte Schichten gefühlt kürzer, traurige Momente auf der Intensivstation süßer, volle Wartezimmer und aufgeregte Patientinnen und Patienten erträglicher und wappnet einen für den nächsten Notfall.
- Geld für die Kaffeekasse. Kommt besser an als Kaffeepulver, -bohnen oder –pads, da sich je nach Maschine keinerlei Verwendung für das Geschenk findet.
- Mündliches Lob à la: „Wenn Sie Dienst habe, geht es mir gleich besser.“ oder „Toll, dass Sie mir Blut abgenommen haben, ohne dass ich etwas gespürt habe.“
- Besuche von genesenen Patientinnen und Patienten, die kurz „Hallo“ sagen. (Das tat ich neulich, als ich einige Monate nach meinen Operationen auf der Klinikstation vorbeischaute, auf der ich damals gelegen hatte.)
- Kommentare auf Praxen- und Klinikhomepages.
- Handgeschriebene Karten mit persönlichen Worten.
Falls du als Betroffener oder Betroffene oder auch als Gesunder deiner Ärztin oder deinem Arzt, den Pflegerinnen und Pflegern im Altenheim, den Arzthelferinnen und –helfern bei der Orthopädin oder dem Orthopäden oder einer/m anderen „Göttin oder Gott in bunt” auch immer du eine kleine Freude machen möchtest, lohnt sich eine Surfreise zu diesen Seiten:
https://www.geschenkefuerfreunde.de/praesentiert/arzt-geschenke.html
https://herzderpflege.de/blog/geschenk-arzt-die-besten-ideen/
https://geschenkspeziell.de/pralinen/bester-arzt
Ich selbst schrieb Dankeskarten, besorgte Süßigkeiten für das Pflegepersonal sowie kleine Geschenke für die vier Hauptpersonen auf meiner medizinischen Bühne.
Diese „echten” Geschenke reichere ich heute noch mit diesem Online-Dankeschön an. Denn das wird auch dann noch vorhanden sein, wenn die verschenkten Pralinen in den Ambulanzen schon längst gegessen, die persönliche Karte von mir an der Pinnwand zugunsten der einer anderen Patientin oder eines anderen Patienten weichen musste und die Socken vielleicht mit Löchern im Mülleimer verschwunden sind.
Ich freue mich, wenn auch du als Krebslerin oder Krebsler, als Patientin oder Patient oder auch als ganz Gesunde oder Gesunder durch meinen Text ein anderes Bewusstsein für die vielen Leute bekommen hast, die täglich für uns mehr oder weniger Kranke arbeiten. Vielleicht fühlst du dich sogar zu einem persönlichen Dankeschön an dein pflegerisches Umfeld inspiriert?
Lasst uns doch alle gemeinsam Laola-Wellen machen, Standing-Ovations geben, Trommelwirbel geben oder einfach leise „Danke” sagen: DANKE, DANKE, DANKE!
Nachtrag vom 9.4.2023
Mittlerweile sind fast zwei Jahre ins Land gegangen. Ich habe zig Nachsorgeterminen erlebt, war erneut im Krankenhaus, um meinen Port entfernen zu lassen sowie – erneuter Krebsverdacht – einen Eingriff in der Gebärmutter vornehmen zu lassen.
Ich habe also viele weitere Ärzt*innen, Pfleger*innen kennengelernt und einiges gesehen, was da so in Wartezimmern, Ambulanzen und Praxen läuft. Nicht alles ist immer schön, nicht alles ist immer gut. Aber ich kann mich weiterhin nur glückselig beDANKEn, weil ich wirklich von miniminiminimalen Ausnahmen abgesehen immer gut betreut, kompetent beraten und liebevoll umsorgt war und meine Fragen immer auf offene Ohren stießen. DANKE an dieser Stelle zum wiederholten Male!
In den Praxen und Ambulanzen, in denen ich unterwegs bin, sind Worte wie Kompetenz, Respekt, Kommunikation, Transparenz, Vertrauen und Feedback keine Schlagworte auf Plakaten, sondern werden gelebt und erfahren. Dafür bin ich unendlich dankbar.