Unter dem Motto „talk about cancer“ beschäftigen wir uns mit den vielen Facetten einer Krebserkrankung.hello@kurvenkratzer.at

Ist Krebs ein Kampf?!

Auf diese Frage gibt es wohl keine eindeutige Antwort. Genauso wenig wie darauf, warum ich Rosen mag, meine Freundin sie aber überhaupt nicht leiden kann. Warum mir Kaffee nur mit ganz viel Milch schmeckt und mein Freund seine Brühe am liebsten ganz schwarz trinkt. Genauso ist es wohl mit dem Wort Kampf. Für die einen ist es der schwerste Kampf ihres ganzen Lebens, für die anderen ist es ein Weg, den sie auferlegt bekommen haben zu gehen. Jedenfalls hat niemand die Entscheidung getroffen, diesen Kampf zu führen oder diesen Weg einzuschlagen. Es ist einfach. Warum wirkt diese Wortwahl dann aber für viele so befremdlich?

Kampf wird mit kämpfen verbunden und da geht`s meistens weniger um einen netten Kaffeeplausch mit Keksen und Kuchen sondern mehr um knallharte Auseinandersetzungen. Letztlich auch um Gewaltanwendung, wenn man dabei auch noch an den Gebrauch von Waffen und damit einhergehenden Krieg denkt. Aber nehmen wir doch einmal den gewaltverherrlichenden Anteil dieser Worte weg, was bleibt dann? Anstrengungen, Mühen. Wenn wir um etwas kämpfen, brauchen wir Kraft, wir müssen stark sein und wir müssen uns anstrengen, mehr als wir es vielleicht bisher getan haben. Es braucht physische Kraft aber noch viel mehr mentale Stärke. Denn wenn der Körper die Patschen streckt, wir jedoch wissen, dass aufgeben keine Option ist, dann sind wir gezwungen über uns hinauszuwachsen und das geht nur mit enormen mentalen Kraftaufwand. Natürlich kann man jetzt sagen, man „muss“ gar nichts. Ich teile diese Ansicht grundsätzlich, aber sich selbst und das Leben, mein Leben, aufgeben? Nein, das ist keine Option! Für mich war es das jedenfalls nie. Ich halte nichts von Kriegen, von Gemetzel mit Waffen. Das Wort Kampf löst im Zusammenhang mit der Krebserkrankung jedoch keine negativen Gefühle in mir aus, im Gegenteil: es hat mich stärker gemacht, es hat mich motiviert und es hat eben genau das in mir geweckt, was es gebraucht hat: meinen Kampfgeist geweckt! Also jene innere Stimme die mir gesagt hat: „Los, jammern und verzweifelt sein ist voll ok, aber jetzt erstmal verschiebst du das auf später und konzentrierst dich auf das was zählt: zuhören, die richtigen Therapien bekommen, gesund werden, LEBEN!“

Ich halte ganz ganz viel von jammern, weinen, schreien und sich seinen Emotionen hingeben – davon ein anderes Mal. Aber es braucht eben auch den Blick zum Himmel und die Einstellung, dass dort oben im Moment noch kein Platz für mich frei gehalten werden muss. Wolken schaukeln gerne, aber zu einem späteren Zeitpunkt! Jetzt heißt es KÄMPFEN. Gegen diese gemeinen Zellen, die abtrünnig geworden sind und ihre eigene Motto-Party in meinem Körper begonnen haben zu schmeißen, ohne dass ich ihnen das als Hausherrin erlaubt hätte. Die Worte meines Chirurgen am Tag der Diagnose haben mich motiviert: „Sie sind eine starke Frau. Und wir haben jede Menge Waffen, aus denen wir jetzt einen Phalanx bauen.“ Diese Worte haben mich aus meinem Vakuum herausgeholt. Sie haben meine Angst plötzlich kleiner werden lassen. Sie haben mich im Krankenhausbett aufrecht hinsetzen, mich meine Tränen aus dem Gesicht wischen und sagen lassen: „Genau, ich hatte vielleicht einen Tumor und ich brauche eine Chemo, aber mich und meinen Körper bekommt dieser Krebs nicht!“ Diese Einstellung hat mir Kraft gegeben und mich dazu gebracht, eine scheinbar ausweglose Situation anzunehmen, sich ihr zu stellen, hinzusehen und zu sagen: „Mag sein, dass ihr Krebszellen euch in meinem Körper eingenistet habt, aber ich bin die Falsche für ungebetene Gäste. Lasst mich und meinen Körper in Ruhe. ICH bestimme über mein Leben und nicht so ein beschissener Tumor!“

Die Diagnose annehmen und nicht mit ihr hadern ist ein wichtiger Prozess um die Eigenmotivation hoch zu halten, der Krankheit mit Respekt zu begegnen aber auch um mentale Kraft aufzubauen und die Selbstheilungskräfte zu mobilisieren. Körper, Geist und Seele sind untrennbar miteinander verbunden und daher ist es völlig egal, ob wir den Umgang mit der Diagnose Krebs als Kampf bezeichnen oder nicht. Auch hier ist Toleranz gefragt, denn für jeden Patienten zählen andere Worte, andere Haltungen, einfach andere Dinge. Es ist immer eine Frage der Wertschätzung: zum Patienten, zum Angehörigen, zu anderen Mit-Patienten. Ob wir das Wort Kampf nun mögen oder nicht, ob wir es verwenden oder eben nicht, darf jeder für sich selbst entscheiden. Alles was hilft, mit der Diagnose Krebs umzugehen und im besten Fall Heilung zu finden, ist erlaubt und soll auch geschätzt werden. Ich für mich kann sagen, ich kann gut mit dem Wort Kampf rund um die Krankheit Krebs. Jede OP hat mich geschwächt und jede Chemo hat mich ein Stück meines Selbst verlieren lassen, aber ich habe mich nicht unterkriegen lassen und an allen Ecken und Enden gekämpft und letztlich einen Sieg davon getragen. Möge er lange anhalten und mich immer wieder daran erinnern, das Leben zu feiern!

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