Unter dem Motto „talk about cancer“ beschäftigen wir uns mit den vielen Facetten einer Krebserkrankung.hello@kurvenkratzer.at

(K)ein Blick aus dem Fenster

22.10.2025

Noch drei Wochen sind es zum nächsten MRI-Termin. Ich versuche die Zeit noch zu geniessen, nicht immer daran zu denken, doch es ist einfach nicht einfach…

Noch vor einem Jahr war ich mitten in der Therapie. Die MRI-Termine stressten mich damals noch nicht so, ich hatte andere Probleme.

Ich denke an den teilweisen Haarverlust von der Strahlentherapie, die Verdauungsprobleme, diese Müdigkeit, an den Geruch, der in dem einen Behandlungsraum in der Onkologischen ambulanten Abteilung liegt, und der mich immer wieder erinnern lässt, was da in meine Venen floss, die Chemotabletten, die ich täglich nehmen musste zusätzlich zu den Epimedis, die sonstigen Nebenwirkungen, die ich vermehrt hatte. Dabei habe ich noch Glück im Unglück. Gewisse Therapien können deutlich heftiger sein.
Dazu kommt, dass der Hauptraum, in der Abteilung der ambulanten Onkologie, keine Fenster hat….
Wie kommt man denn auf sowas?! Da liegt man bei gewissen Therapien Stunden in diesem Raum, mag manchmal nicht lesen, hat das Handy schon x mal gecheckt und ist auch müde und dann hat man nicht mal als Ablenkung ein Fenster, durch das man schauen kann. Das Behandlungsteam ist auch nicht nur glücklich damit, aber sie haben sich wohl daran gewöhnt. So kann man sich wenigstens darauf freuen, wenn man wieder draussen ist.

Die intensive Phase der Chemoradiotherapie ging damals noch bis zum 12.11.24, das nächste aktuelle MRI ist am 11.11.25. Wo wäre ich jetzt lieber, wenn ich damals schon wüsste, wie es mir heute geht?
Naja, letztens doch eher heute hier.

Ich staune heute über mich selber, wie ich das relativ gelassen über mich gehen lassen konnte. Wie ein endloser Marathon, der am Anfang noch gut zu bewältigen war.

Doch vermehrt gerate ich in Verlegenheit bei Kontakten. Die Frage aller Fragen kommt wie von alleine: «Wie geht es Dir?». Zunehmend weiss ich nicht mehr, was ich sagen soll. «Stabil», meine ich und ich sehe, wie die Menschen beruhigt sind. Es gibt Situationen, in welchen ich durchschimmern lasse, dass meine Krankheit unheilbar ist. Dann passiert das, was ich nicht aushalte, nämlich, dass die Menschen betroffen sind und nicht wissen, was sie in der Folge sagen sollen. So bin ich es, die diese Betroffenheit der Anderen nicht aushalte und einen humorvollen Spruch mache. Mein Repertoire ist zwar auch nicht mehr wirklich phantasievoll, aber die Betroffenheit bei den Anderen geht etwas weg und wir können über Anderes sprechen.

Nicht dass ich nicht froh bin, dass es noch andere Themen gibt und den Humor werde ich hoffentlich nie ganz verlieren, so lange ich noch lebe! Ablenkung lässt mich die Diagnose etwas vergessen und alles was noch kommen kann. Ich möchte nicht an die Zukunft denken, solange ich nicht genau weiss, was allenfalls noch auf mich zukommen könnte. Die Möglichkeiten sind breit und wenn ich mich dann doch auf mögliche Szenarien einlasse, kommt nichts Beruhigendes. Uiuiui, wie soll ich das ertragen, wenn es den Anderen schon so geht, die nur davon hören?
Doch letztlich bin ich ja froh um meine Liebsten und weiss, dass es mir auch so ginge. Das Thema Krebs ist so omnipräsent und doch ein Tabu, wenn es um das Eingemachte geht. Mein Mann ist ja auch noch da, er trägt es wie ein Fels in der Brandung. Wie es in ihm aussieht, lässt er nur ab und an durchblicken.

Ich atme tief ein und aus und bin am Schreiben. Die Buchstaben fliegen mir nur so zu, aber in der ersten Version des Blogeintrags ist er meistens unlesbar, weil man einfach nicht drauskommt (oder zumindest dann etwas mehr mit der Überarbeitung….). Doch es ist einer der Strategien, die mir helfen, wenn alles dreht, die Angst mich in den Griff bekommen möchte.
Doch es kommt, wies kommt. Ich versuche an die kommende Herbstmesse zu denken, zwei Wochen Kindheit, auch wenn ich ‘nur’ Zuschauende bin. Die Fahrgeschäfte sind nicht mehr meins, aber ich bin noch da und geniesse (z.B. auch die ganzen Verlockungen der Verpflegungsstände (-;).

Accept what is; let go of what was; and have faith in what will be.

Jetzt teilen