Unter dem Motto „talk about cancer“ beschäftigen wir uns mit den vielen Facetten einer Krebserkrankung.hello@kurvenkratzer.at

Lebensqualität? Lebensqualität!

15.10.2025

Was ist eigentlich ‘Lebensqualität’? Lässt sich das überhaupt so klar benennen und ab wann ist es keine mehr?

Ich hatte heute einen Termin in der Neurologie mit EEG u. Besprechung. Dabei sprach ich auch mal wieder über die Medikation bei meiner Epilepsie. Ich hatte das letzte Mal im Juli einen kleinen Anfall, der sich bei mir erneut in Sprachproblemen äusserte. Seither geht es mir wieder soweit ok, ich hatte keinen Anflug von Symptomen mehr. Sehr überzeugt mit meiner Meinung habe ich die Neurologin darauf angesprochen, dass wir ja jetzt zumindest eines der beiden Medikamente etwas reduzieren könnte. Ui, keine gute Idee. Sie wollte aufgrund des Berichtes im Juli eigentlich darauf insistieren, dass wir das eine Medikament sicher wieder erhöhen und das Andere auf alle Fälle belassen. Ich spürte, wie mir die Tränen aufstiegen. Sie schien es zu merken und zeigte mir auf, was eine Senkung bedeuten könnte und dabei fiel das Wort ‘Lebensqualität’.
Tja, was bedeutet das nun für einen, wenn du dich entscheiden musst, das eine zugunsten des Anderen loszulassen. Wenn ich die Medikamente senke, könnte das bedeuten, dass es wieder zu Anfällen kommen kann und diese die Lebensqualität senke. Ein Anfall könne eben auch weitere Anfälle auslösen. Sie bestätigte, dass die Medikamente unangenehme Nebenwirkungen haben, das liesse sich nicht wegdiskutieren. Doch was sei nun schlimmer, also was bedeute das für meine ‘Lebensqualität’? Ich fühlte mich trotzig, ich wollte eigentlich gar nicht mehr studieren müssen, was eine Beeinträchtigung meiner Lebensqualität bedeutet. Ich möchte manchmal einfach wieder gesund sein.

Tief in mir weiss ich, dass das nicht mehr möglich ist. Punkt!

Ich weiss auch, dass ich mal wieder am Studieren bin und eigentlich weiss ich auch, dass es mir nicht gut tut und dass ich dankbar sein kann, dass noch so vieles möglich ist. Nur manchmal tut es auch gut, seiner Angst, seiner Trauer und seiner Endlichkeit einen Weg zu ebnen. Ich denke nicht, dass ich in Depressionen komme, nur weil ich ab und an nicht immer fröhlich bin. Ich habe in einem Interview* gelesen, dass auf Krebskranke auch viel Druck lasten kann, wenn man immer nur positiv denken soll. Die Richtung stimmt ja, aber halt nicht immer geradeaus od. dann mit Pausen. Da ist hin und wieder ein Bänkli zum Ausruhen, da mal ein Umweg, der was Anderes bietet. Der Tumor wächst nicht gleich wieder, nur weil man mal schlechtere Stunden hat.

*Aus einem Interview mit Christina Barry auf der Seite www.lebenmitkrebs.ch «…Barry betont, dass solche Ratschläge völlig fehlgeleitet sind (damit meint sie gute Ratschläge) – sie hätten «kein bisschen Hand und Fuss». Als Beispiel nennt sie das «positive Denken». Gerade für Betroffene sei es sehr wichtig, auch schwierigen Gedanken Raum zu geben. «Wenn ich versuche, ausschliesslich positiv zu denken, entsteht schnell Druck. Dann fühle ich mich vielleicht einsam, unverstanden oder habe das Gefühl, dass etwas mit mir nicht stimmt, wenn ich schwierige Momente habe – dabei sind solche Phasen bei einer existenziellen Diagnose völlig normal.» Positives Denken könne zwar eine wertvolle Ressource sein, wenn es sich von selbst entwickelt, dürfe aber niemals zum Zwang werden….»

So lasse ich den Tränen mal wieder etwas ihren Lauf, vermisse mein altes Leben und gehe dann wieder mal laufen.

Accept what is; let go of what was; and have faith in what will be.

Jetzt teilen