Unter dem Motto „talk about cancer“ beschäftigen wir uns mit den vielen Facetten einer Krebserkrankung.hello@kurvenkratzer.at

Mal wieder Ferien geplant

23.08.25

Es ist der erste Tag unserer Ferien, die mein Mann und ich gemeinsam haben. Mein Mann und ich wollen aufs Motorrad, hier in der Schweiz liebevoll Töff genannt. Wobei, kann ich von Ferien sprechen, wenn ich nach wie vor krank geschrieben bin…?
Das schlechte Gewissen regt sich mal wieder etwas, doch was bringt es, wenn ich zu Hause sitze und darauf warte, bis der Tumor sich irgendwann wieder meldet. In das, was so flapsig geschrieben daher kommt, steckt viel Arbeit, auch dank ‘meiner’ Onkopsychologin.

So, also Ferien, wie es vor knapp einem Jahr geplant war.
Für die ersten drei Wochen nach dem Spitalaufenthalt wären damals ja ebenfalls Ferien geplant gewesen, nun fast ein Jahr darauf wollen wir es wieder wissen.
Und was eigentlich pure Vorfreude bedeutet, ist für mich ein rechter Stress. Ich freue mich, möchte unbedingt diesen Tapetenwechsel. Es sind auch nicht die ersten Ferien seit meinem Knockout, von dem her, habe ich langsam verstanden, was es mit mir macht.

Schon mit der Planung beginnt es. Viele kennen das wohl auch, man muss die Pflanzen giessen, jemanden organisieren, der od. die vorbei kommt, alles noch waschen, was man braucht, packen, planen, überlegen wohin etc. Mir wird es beim Schreiben schon wieder schwindlig. Egal ob es dieses Wochenende, das ich erst kürzlich erleben durfte, die letzten Ferien od. die Ferien, die wir nun geplant haben, alles stresst mich. Ich liebe diese Art der Ferien, die mein Mann und ich machen, ich könnte mir es nicht anders vorstellen. Doch die Vorfreude ist überschattet mit Krampf.
Meine Gefühle spielen mal wieder verrückt. Ich bin dünnhäutig, nervös und gereizt. Ich kenne das nicht so von mir, Ferien waren immer mein Jahreshighlight. Ich habe, od. hatte, das Glück eine Arbeit zu haben, die mich in der Regel erfüllte, doch trotzdem liebte ich das Gefühl der Planlosigkeit, das Gefühl, zu dürfen und nicht zu müssen.
Aus diesem Grunde, tief in meinem Herzen, freue ich mich auch. Ich atme tief ein, schreibe Listen und mache Pausen. Ich weiss es ja, spätestens wenn ich dann auf dem Töff sitze, ist es ok, kommt das gute Gefühl hoch und ich weiss wieder, warum ich mir das antue.  Mein Mann muss es aushalten, er spürt oft, wo er sich lieber verdrückt und wo er dann wieder beruhigend auf mich einwirkt, zumindest meistens… Auch wenn man über 30 Jahre zusammen ist, knirscht es halt manchmal. Wenn sonst nichts ist?

Ich denke an die ersten drei Wochen nach dem Spitalaufenthalt und lenke mich so ab.
Diese ersten drei Wochen waren wohl die besten, die ich nach dem Erhalt der Diagnose erlebte. Nach dem Schrecken mit dem schon dramatischen Beginn meiner Krebskarriere, ging es zuerst einmal nur aufwärts. Ich ging jeden Tag spazieren, immer weiter und länger. Genoss auch irgendwie die Zeit ohne Verpflichtungen und hatte keine massiven Schmerzen. Meine FreundInnen waren da, holten mich ab für Kaffeepläusche, Brunches, Kuchentastings, Abendessen, Grillabende etc. Telefonieren mochte ich nicht, ich kann bis heute die Reaktionen der Angerufenen nur schlecht einordnen. Besuche zu Hause waren auch nicht so mein Ding, zu sehr erinnerte mich das an Krankenbesuche. Ich wollte nicht krank sein, ich wollte rausgehen, leben, immer wieder dankbar, dass ich überhaupt noch da war.
Natürlich überbordete ich gelegentlich, musste auch kleinere Rückschritte erleben. Doch insgesamt gelang es mir eine neue Routine zu erlangen. Am meisten Angst hatte ich damals nur vom Ziehen der Klammern an meinem Kopf. Fast schon lächerlich, wenn ich daran denke, was da noch auf mich kommen würde.

Accept what is; let go of what was; and have faith in what will be.

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