Mind the Gap Teil 2
Mind the Gap Teil 2
15.12.25
Ich war mal wieder unterwegs. Mit einer Freundin zog es mich nach Berlin, schon zum zweiten Mal. Das war auch so eine Sache, die ich unbedingt noch wollte. Irgendwie scheine ich doch eine innere Bucketliste zu haben, auch wenn ich (noch) keine gemacht habe.
In Berlin kam da ebenfalls während dem U-Bahn fahren an der Haltestelle die Ermahnung mit der Lücke. Sogar auf Englisch, ‘Mind the Gap’. Nicht mit dieser unverkennbaren Stimme wie in London, dennoch triggerte es bei mir.
Die Behandlungspause war viel zu schnell vorbei. Ich konnte es damals meist geniessen, doch am 11.12.24 ging es wieder los und ich musste alternierend für drei Termine in Folge erneut ins Spital für ein paar Stunden, weil dann die ‘Immuntherapie’ i.V. verabreicht wurde und für eine Woche musste ich die Chemotabletten wieder nehmen. Das war mein ‘neuer’ Rhythmus, eine Woche Therapie mit der Immuntherapie und Chemotabletten und dann wieder drei Wochen Pause.
Weil ich die 6 Wochen eigentlich soweit irgendwie ok verarbeitete, war ich recht zuversichtlich, dass alles gut ging. Die Haare waren dort wo die Strahlentherapie ihre Arbeit verrichtete ganz weg, doch ansonsten war ich optimistisch. Mit etwas Zauberkunst meiner Coiffeuse konnte ich es recht gut verdecken, nur der Wind zerzauste die jeweils kunstvoll gebürstete Frisur. Doch für was gibt es Mützen, wenn ja gerade Winter ist. Ich hatte immerhin noch Haare, auch keine Selbstverständlichkeit.
Schon am zweiten Behandlungstag ging es los mit den Nebenwirkungen. Schüttelfrost, wie ich es noch nie erlebt habe. Auch Rückschmerzen bekam ich und am dritten Tag sank auch mein Blutdruck zuerst hoch und dann wieder tief runter. Für ein paar wenige Sekunden war ich sogar weg. Zum Glück ist das Behandlungsteam gut vorbereitet, die wussten gleich was zu tun war. Die Infusion wurde gestoppt, ich bekam eine Wärmedecke, Schmerzmedikamente und Antiallergika wurden mir verabreicht. Bald war der Spuk wieder vorbei. Doch so ganz ohne Nebenwirkungen ging es weiterhin nicht, jedes Mal schien mein Körper sich etwas Neues auszudenken.
Naja, was soll ich sagen. Heute beim Sinieren wird es mir unwohl, doch damals hielt ich es einfach durch. Eine Pflegefachfrau beliess es nicht dabei mich noch zu ermahnen. Sie gab mir den Tipp nicht mehr so lange zu warten mit dem Klingeln, ich solle nicht die Heldin spielen. Wenn sie mich bei den nächsten Terminen erblickte, hatte ich einen Platz meist in der Nähe der Station, wo sie mich sah, falls ich wieder zu lange warten sollte. Naja, das mit dem fensterlosen Raum habe ich ja schon erzählt, gegen Ende konnte ich es dann wagen mal ein Zimmer mit einem Fenster zu ergattern. Brav, wie ich manchmal sein kann, läutete ich dann auch früher.
Ich war es gewohnt, für Andere da zu sein. Ich versuchte immer, die Menschen auf Augenhöhe zu behandeln und ihnen nicht zu viel abzunehmen. Und jetzt bin ich in der Situation anzunehmen, was mit mir geschieht. Ich bin die Patientin, nicht teil des Behandlungsteam. Es ist gut, dass die Patientenrechte besser beachtet werden. Ich denke nur manchmal wie es ist, wenn das mal auch nicht mehr geht, weil man zu schwach ist…? Ich erinnere mich an die Tante meines Mannes, die mir immer wieder sagte, Hilfe geben sei manchmal einfacher als Hilfe anzunehmen. So war und ist es auch bei mir.
Item, nach der ersten Behandlungspause hatte ich wieder eine Pause. 3 Wochen standen mir bevor. Eine Reise nach Irland war geplant. Dies war die erste Reise nach meinem Knockout. Was es mit mir jeweils macht, wenn ich in die Ferien fahre, habe ich ja schon erzählt. Und dann das noch über den Jahreswechsel. Doch es war ein unglaubliches Erlebnis, ich zehre heute noch davon. Der Januar mit der zweiten Behandlungswoche war weit weit weg.
Accept what is; let go of what was; and have faith in what will be.
