Unter dem Motto „talk about cancer“ beschäftigen wir uns mit den vielen Facetten einer Krebserkrankung.hello@kurvenkratzer.at

Nationalfeiertag

01.08.025

Tatsächlich beliess ich es am Vorabend nicht beim Joggen, sogar Schwimmen ging ich noch. Das Wetter könnte etwas besser sein, doch es ist trocken, die Sonne blinzelt durch, eine blaue Störung zeigt sich und es hat fast keine Menschen im Bad. Ich ziehe meine Bahnen und fühle ich unglaublich frei. Das Wasser ist mein Element, da kann ich vergessen, was los ist. Mein Mann und einer unserer Freunde sind auch dabei, zusammen gehen wir noch essen, es ist Donnerstag. Der Donnerstag war immer schon unser Stammtischabend, eine Konstante in meinem Leben, die mich nun stützt.
An vielen Orten wird gefeiert, es ist Nationalfeiertag. Am 1. August 1992 hatten mein Mann und ich unser erstes Date als Paar. 33 Jahre sind wir also zusammen, am 29.07. haben wir uns entschlossen, es zu versuchen.
Doch an diesem Abend zieht es uns nicht in die Massen, im Restaurant sitzen an diesem Abend dennoch überraschend viele, denen wohl die Feierlichkeiten auch zu viel sind. Ein weiterer Freund kommt dazu, zu viert geniessen wir es, dass es genügend warm ist um im Garten zu sitzen.

Es ist nun früher Morgen, mein Mann zieht sein Runden auf seiner Bobber Guzzi, ich denke wieder an das letzte Jahr.
An diesem 08.06.24 begann ich langsam wieder zu realisieren, was da los war. Es war mittlerweile Sonntag. Doch die meiste Zeit schlief ich und war froh, dass ich abtauchen konnte. Nicht so frei wie im Wasser, aber dankbar, dass ich einfach zurücklehnen konnte. Nur dieser Katheter störte und er wurde mir gezogen. Aufs WC konnte ich problemlos, aber wie kam ich eigentlich dahin und wieder ins Bett…? Oder war das am nächsten Tag? Dazwischen wurde ich auch noch verlegt von der Beobachtungsstation in ein ‘normales’ Zimmer. Was sicher war ist, dass mir am Montag berichtet wurde, dass da ein Tumor in meinem Kopf sitzt, der raus muss. Bereits am folgenden Tag wurde ich operiert, es ist der 10.09.24.
Ich wiederholte die Daten, die Stunden. Es war wie eine Übung, mein Hirn wollte noch nicht so, wie ich es gewohnt war. An den Tag der OP kann ich mich auch wieder nicht erinnern. Später sah ich die Dokumente, die ich offenbar selber unterschrieben habe. Es war für meinen Mann wohl wesentlich schlimmer als für mich. Statt in die Ferien zu gehen, ging er arbeiten. Einige verstanden dies nicht, doch zu Hause zu warten, bis ich wieder da bin, war für ihn wesentlich schlimmer. Es gab ja auch die Möglichkeit, dass ich nicht wieder so erwache, wie erwünscht.

Eigentlich bin ich heute noch dankbar, dass ich das Meiste nicht klar mitbekommen habe, die Angst und die Schmerzen sind nicht in meiner Erinnerung verankert. Dennoch fehlt mir ein Stück meines Lebens. Man kann nicht alles haben.

Accept what is; let go of what was; and have faith in what will be.

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