Unter dem Motto „talk about cancer“ beschäftigen wir uns mit den vielen Facetten einer Krebserkrankung.hello@kurvenkratzer.at

Therapie

01.10.2025

Es ist der erste Tag im Oktober, im letzten Jahr der Vortag des Beginns meiner Therapie. Ich wusste damals nicht, was wirklich auf mich zukommen wird. Ich hatte ein paar Tage vorher noch ein Vorgespräch mit ‘meinem’ Onkologen. Er liess sich viel Zeit mich aufzuklären, Fragen zu beantworten, sofern ich überhaupt welche hatte. Ich kann mich an die Worte nur schlecht erinnern. Ein weiteres MRT wurde erstellt, sowie das Planungs-CT und ich habe das alles irgendwie über mich ergehen lassen mit einer erstaunlichen Gelassenheit. Wichtiger war mir damals die Einladung zu meinen Freunden am Wochenende. Ich kann mich noch erinnern an das Kuchentasting, ein befreundetes Paar hat aus dem Bündnerland verschiedene Bündnertorten mitgebracht und wir haben uns durchgenascht. Am Sonntag waren wir an einem Brunch von einem anderen Paar eingeladen mit feinen Marmeladen (ja auch Bittermarmelade aus Irland) und selber gemachten Konfitüren. Ausserdem traf ich eine weitere Freundin zum Käffele just vor einem Jahr. Sie schien sich mehr Sorgen zu machen, was da am folgenden Tag auf mich kommt, als ich selber.
Ich weiss noch, dass ich mich wohl fühlte, geborgen und die Tage, die vor mir lagen kein Thema waren.
Der 2.10.24 ist notiert, x Termine kamen damals auf mich zu, doch was konnte ich überhaupt beeinflussen? Ich wusste nur, ich will diese Therapie, ich will versuchen dem Tumor etwas entgegen zu setzen. 6 Wochen intensiv Chemoradiotherapie und Immuntherapie kamen auf mich zu bevor am 13.11.24 die Behandlungspause geplant wäre.
Stress machten mir nur die vielen Termine, z.T. mehrere am gleichen Tag. Ich habe mich noch entschieden bei einer Studie mitzumachen, die aufzeigen soll, dass Bewegung helfen kann bei operierten GlioblastompatientInnen. Ein Termin mehr hinzu, doch dazu später mehr.
Ich habe bis heute Mühe Zeiten zu behalten, die Termine zu koordinieren und nicht in Panik zu kommen, wenn etwas nicht gleich funktioniert. So verirrte ich mich ständig im 1. u. 2. UG des Spitals, wo die Strahlentherapie u. die Gespräche beim Radiologen waren. Der sympathische Pfleger am Empfang verlor nie die Geduld, wenn ich wieder am falschen Ort auftauchte. Ich schien auch nicht die einzige Person zu sein, die da beinahe verzweifelte. Was für ein Irrgarten! Wie kann man nur Wegweiser erstellen, die alle in der gleichen Farbe gestaltet sind und auch so kompliziert beschriftet. Zumindest für Menschen, die nicht gesund sind, aus welchen Gründen auch immer, ist dies eine Belastung zusätzlich. Da fällt mir immer das nicht sehr nette Wort ‘Schreibtischtäter’ in den Sinn. Man kann es nie allen recht machen, logo. Aber bei der Planung von Beschriftungen könnte man ja mal versuchen Betroffene zu involvieren. So geht es nicht nur Hirnverletzten, sondern auch Seh- od. anders Körperbeinträchtigte etc.

Item

Am 2.10.24 tauchte ich dann wie geplant, rsp. natürlich zu früh, in der ambulanten Onkologieabteilung auf. Ich habe schon einen Einblick erhalten im Vorgespräch, doch jetzt wurde es ernst. Ich wurde auch von den Pflegefachpersonen freundlich empfangen und mir wurde alles gezeigt, auch die Räume, in welchen die Immuntherapie per Infusion stattfand. Es sah aus wie im TV, Sitzliegen und Betten mit Menschen mit Infusionsständern lagen da und warteten auf das Ende der Therapie.
Freundliches Entgegenkommen half mir das komische Gefühl, dass mich dann doch langsam beschlich, zu kontrollieren. In den nächsten Monaten, die bei Leibe nicht nur einfach waren, machten es mir Pflegekräfte mit ihrem sanften und trockenen Humor einiges leichter. Überhaupt lag und liegt in der ganzen ambulanten Onkologieabteilung mit allen verschiedenen Mitarbeitenden in der Pflege, in der Ärzteschaft, beim Empfang, bei den Studienmitarbeitenden etc. eine wohlwollende Atmosphäre. Man ist so empfindlicher, wenn man krank ist und wenn man dann jederzeit ein Lächeln sieht, ist es so viel weniger schlimm. Man braucht kein Drama, nicht viele Worte, Freundlichkeit und da und dort ein Lächeln helfen manchmal mehr wie Medikamente. Und es half mir auch, selber freundlich zu bleiben.
Während das Medikament durchlief, beschäftigte ich mich mit Lesen, chatten (danke allen FreundInnen, die mich eindeckten mit ermunternden Emojis u.ä.), entspannen und essen und trinken. Nur das mit dem Kaffee war dann eine bedingt gute Idee…
Als ich nach Stunden der Beutel leer und das Medikament abgehängt war, durfte ich gehen. Ich war zuerst baff, routiniert wurden andere PatientInnen empfangen, wo vorher schon andere wieder gehen durfte. Erleichtert ging ich und wollte noch etwas zu Fuss gehen.
Ich ging einige Busstationen, bis mich die Übelkeit einholte. An der Station musste ich mich dann hinsetzen und den Kopf in den Schoss halten. Eine Bekannte, die ich per Zufall antraf, tröstete mich etwas. Aber ich wollte nur noch nach Hause, mich hinlegen und meinen Magen beruhigen. Nachdem ich zu Hause war und mir mein Mittagessen nochmals durch den Kopf liess, sprich sich mein Magen endlich wieder beruhigt hatte und das Essen der WC-Schüssel übergab, ging es mir wieder besser. OK, da war wirklich etwas in meinem Körper angekommen, so einfach wird es wohl doch nicht werden dachte ich.
Den Abend verschlief ich mehr oder weniger und am folgenden Tag ging es mir wieder recht ordentlich. Auch die Chemotabletten vertrug ich soweit gut, wie auch die ersten Bestrahlungstermine (abgesehen vom Irrgarten im Keller).
Am übernächsten Tag erfolgte die nächste Infusion. ‘Mein’ Onkologe, wie ich ihn einfach gerne nannte, weil er die ganze Zeit die Hauptansprechsperson war und immer noch ist, wollte ganz genau wissen, wie ich alles vertrug und wie es mir erging. Als ich von der Übelkeit und dem Erbrechen erzählte, verschrieb er noch andere Medikamente. Auch am zweiten Behandlungstag der Immuntherapie musste ich noch einmal erbrechen, doch eine weitere Abänderung der Medikamenteneinnahme bewirkten, dass ich ab diesem Moment die Medikamente besser vertrug. Schon ab der 3. Verabreichung ging es mir deutlich besser was die Übelkeit betraf. Und das mit dem Kaffee liess ich vorläufig zukünftig schweren Herzens, zumindest an den Tagen mit der Immuntherapie. Nur wer wie ich Kaffee so liebt, kann wohl verstehen, was das für mich bedeutete. Aber was ist schon ein Getränk, wenn es einem dafür besser geht.
Die erste Woche habe ich bestanden, nun folgten zwar wöchentliche Laborkontrolltermine, weitere Strahlentherapie und weiterhin die Chemotherapie per Tabletten. Die Immuntherapie war dann erst wieder für das Ende des Zyklus geplant.
Irgendwann habe ich auch den Weg in die Strahlentherapie gefunden und ein neuer Rhythmus hat sich ergeben.

Accept what is; let go of what was; and have faith in what will be.

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