Unter dem Motto „talk about cancer“ beschäftigen wir uns mit den vielen Facetten einer Krebserkrankung.hello@kurvenkratzer.at

Annette fragt… Gudrun Lochte

Wäre dies hier kein Krebsblog, dann würde ich mich mit meiner aktuellen Interviewpartnerin Gudrun Lochte in einem Café in Paris oder der Provence über unsere Freude am Schreiben austauschen, dabei eine Tasse Cappuccino nach der anderen schlürfen.

Aber da wir hier bei „Annette fragt“ sind, geht es nicht um rosarote Luftballons und schneeweiße Einhörner, sondern Gudrun erzählt schlussendlich doch von ihrer Brustkrebsdiagnose, ihren Therapien, ihren Sorgen und Ängsten und ihren körperlichen Beschwerden.

Aber trotzdem steckt in unserem Gespräch so viel Leben, so viel Liebe und vorallem so viel Lachen. Freut euch auf mein Interview mit Gudrun Lochte, Buchautorin, Lachyoga-Trainerin und Bloggerin, die dem Leben mit unendlich viel Fröhlichkeit und guter Laune begegnet.

Annette: Liebe Gudrun, ich danke dir für deine Zeit und Bereitschaft, hier bei „Annette fragt“ mitzumachen. Bevor wir so richtig ins Interview einsteigen, möchte ich dir gerne ein paar lockere Einstiegsfragen stellen, damit die Leser*innen dich ein wenig besser kennenlernen können.

Gudrun: Na, dann schieß mal los.

Wenn wir unser Interview in einem Café führen würden, was würdest du dir bestellen: Kaffee schwarz, Cappuccino oder Milchkaffee?

Einen Cappuccino und – wenn sie haben – einen großen.

Oja, da bin dabei und bestell´ mir gleich einen mit.

Wenn du für die Hintergrundmusik im Café zuständig wärst, welches Lied müsste unbedingt einmal zu hören sein?

Ich bin gar nicht so für Hintergrundmusik. Für mich ist die immer zu laut und lenkt mich von netten Gesprächen ab. Ich möchte mich unterhalten können und nicht gegen den Geräuschpegel anreden müssen. Aber wenn es denn tatsächlich sein soll, dann finde ich ein Klavier- oder Gitarrenstück schön – ohne Stimme.

Darf ich mal in deine Handtasche hineinlinsen, die im Café an deinem  Stuhl hängt? Was darf darin neben Geldbeutel und Handy bei dir nicht fehlen?

Definitiv Handcreme. Ich finde das Gefühl von frisch gewaschenen Händen fürchterlich. Meine Hände sind danach trocken und ich muss sie dann unbedingt eincremen.

Das ist interessant, denn bei mir befindet sich auch in jeder Tasche, Rucksack oder Umhängebeutel eine Tube davon, hihi.

Wenn du eine Stadt auswählen könntest, in der das Café sich befindet, in dem wir uns treffen, welche wäre dies und warum?

Frankreich ist wohl zu weit weg, oder?  🙂 Nein, Spaß!

Ach du, von mir aus können wir gerne in Frankreich sitzen. Ich war zweimal als AuPair und mag das Flair und die Menschen dort einfach. Aber du entscheidest…

Ich bin wahnsinnig gern in Leipzig. Leipzig ist eine tolle Stadt – nicht zu klein und nicht zu groß. Ich habe dort eine Tante wohnen, die ich immer mal wieder besuche und dann plane ich wenigstens zwei – manchmal auch drei Tage ein. Ich wohne dann in einem Hotel in der Innenstadt, besuche immer mal wieder die Thomaskirche, letztens war ich im Mendelssohn-Bartholdy-Museum. Ich schlendere einfach nur durch die Straßen, esse irgendwo etwas oder trinke auch einen Cappuccino.

Also, wir sitzen in Leipzig.

Annette: Okay, dann wenden wir uns den ernsten Dingen bei „Annette fragt“ nun also in einem Café in Leipzig zu.

Gudrun, bitte erzähle uns, wann du deine Brustkrebsdiagnose erhalten  hast und wie du behandelt wurdest?

Gudrun: Ich war gerade ein Jahr in Rente, gab Kurse in Lachyoga und half einmal in der Woche in einem kleinen Seifenladen aus. Alles war gut. Dachte ich.

Die Diagnose bekam ich am 10. September 2019 um 13:10 Uhr. Ich glaube, das Datum wird eine betroffene Frau nie vergessen. Die Uhrzeit weiß ich so genau, weil ich auf die Uhr geschaut habe, als meine Frauenärztin hereinkam. Irgendwie hatte ich es im Gefühl, dass es auf diese Diagnose hinauslaufen wird – warum wird man sonst nach der regulären Sprechzeit einbestellt.

Ich hatte zwei Tumore in der linken Brust. Einen im Milchgang, wobei die Krebszellen ins umliegende Brustgewebe ausgetreten sind. Der zweite lag im Drüsenläppchen und hatte sich auch im umliegenden Gewebe ausgebreitet. Meine Frauenärztin sagte mir gleich, dass die Brust nicht erhalten werden kann.

Aber erst einmal – wie kam es überhaupt zu der Diagnose? Ich höre immer, dass die Frauen den Knoten selbst erspürt haben und dann der ganze Untersuchungsapparat losging. Bei mir war es anders. Ich habe nichts gespürt.

Ich habe so dichtes Drüsengewebe, dass meine Frauenärztin mich schon ab dem 40. Lebensjahr jährlich zur Mammografie und zum Ultraschall geschickt hat. Sie hat sich da auf ihr Abtasten allein nicht verlassen.

Wochen vorher hatte ich bemerkt, dass aus meiner linken Brustwarze eine Flüssigkeit austrat. Nun ja, zuerst beobachtete ich es. Mal hatte ich Flecken in meinem BH, mal nicht. Meine Frauenärztin tastete die Brust ab und konnte nichts feststellen. Sie machte einen Abstrich von der Flüssigkeit, gab sie ins Labor – aber nichts.

Nach 4 Wochen war ich wieder bei ihr. Sie tastete wieder ab und konnte nichts spüren, wieder eine Probe ins Labor und gleichzeitig schickte sie mich außerplanmäßig zur Mammografie und zum Ultraschall – der reguläre Termin war noch ein paar Wochen hin. Und da wurde festgestellt, dass da etwas war, was so nicht sein sollte.

Drei Tage später wurde in der Röntgenpraxis eine Stanzbiopsie gemacht. Es war ein Donnerstag. Ich sollte am Montag in meiner Frauenarztpraxis anrufen. Das waren drei sehr lange Tage und das Kopfkarussell drehte sich schon gewaltig. Am Montag lag in der Praxis noch nichts vor, aber sie gaben mir gleich einen Termin für den nächsten Tag außerhalb der Sprechzeit. Da war mir eigentlich schon klar, dass da irgendetwas war.

Betroffene Frauen sagen immer, dass ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen wurde, ich dagegen kam mir vor wie in so einem Vakuum – wie unter einer Glocke. Ich sah nichts richtig und ich hörte alles nur ganz weit weg.

Meine Frauenärztin war ein Schatz, bei ihr war ich schon 35 Jahre in Behandlung. Sie war immer sehr genau und ich konnte mit ihr über alles sprechen. Die ganzen Jahre über fühlte ich mich bei ihr in der Praxis sehr aufgehoben i.

Die Sprechstundenhilfe gab mir einen Termin für das Brustzentrum und ich bin dann nach 20 Minuten zu meinem Auto gelaufen. Im Nachhinein wusste ich nicht, wie ich da hingekommen war.

Als der Motor ansprang, ging das Autoradio an und Manuela Schwesig, die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern gab in einer Pressekonferenz ihre Brustkrebserkrankung bekannt.

Annette: Hui, das ist irgendwie gruselig und genial zugleich…. Wie ging es dann weiter?

Gudrun: Ich habe Chemo bekommen 4 EC 14-tägig und 12 Paclitaxel wöchentlich, danach Operation, 32 Bestrahlungen und Antihormontherapie. Mein Krebs war hormonabhängig und obere Achsellymphknoten waren befallen.

Annette: Gudrun, du siehst super aus, hast tolle Haare, eine schöne Haut und strahlst auf deinen Instagramfotos immer so wundervoll … Du hast deiner Erkrankung die Stirn geboten und stehst wieder im Leben. Aber… Bist du noch in medikamentöser Behandlung, hast du noch mit Nachwirkungen der Therapien zu kämpfen?

Gudrun: Ja, ich strahle, aber nur nach außen. Wenn es mir nicht gut ging, hatte ich gar keine Lust, Fotos zu machen.

Aber es gibt ein Foto, da sieht man, was die Chemo mir abverlangt hat.

In meinem Behandlungsplan stand, dass ich 5 Jahre eine Antihormontherapie machen sollte. Da bei mir aber schon Lymphknoten befallen waren, wurde auf insgesamt 8 Jahre erhöht. Die Antihormontherapie macht als Nebenwirkungen Knochenschmerzen. Zum Glück habe ich ein Nahrungsergänzungsmittel gefunden, das mir hilft.

In den Fingern und den Zehen habe ich noch Nervenirritationen, also Polyneuropathie. In den Fingern kann ich das aushalten, die sind nicht schlimm, aber in den Füßen, das ist schon sehr unangenehm.

Annette: Ja, an das Kribbeln in den Füßen und die tagweise Taubheit kann ich mich noch sehr gut erinnern. Bei mir hat sich das mittlerweile gelegt…

Ich weiß, dass dir eine Brust abgenommen wurde.  Damit gehst du offen um. Ich habe Fotos von dir gesehen, die bei einem Fotoshooting von Amoea, einem Hersteller für Unterwäsche für Frauen nach einer Mastektomie, entstanden sind. Wow – das finde ich sehr mutig von dir. Wie kam es dazu, dass du vor die Kamera treten durftest? Und.. Welche Intention steckt für dich dahinter, dich so zu zeigen?

Gudrun: Jetzt hole ich doch mal etwas aus, damit man versteht, warum ich keinen Brustaufbau habe machen lassen:

Als ich die Diagnose bekam und meine Frauenärztin mir sagt, dass die Brust nicht erhalten werden kann, war meine Reaktion: „Macht nichts. Kein Problem. Ich bin 65, wozu brauche ich noch zwei Brüste.”

Der Professor in der Reha sagte mir später, das war noch der Schockzustand. Diese Aussage stand für mich fest, bis ich meine Chemos bekam.

Dabei hat mir das Schlechte auch etwas Gutes gebracht. Ich habe jeden Dienstag mit vier wundervollen Frauen meine Chemozeit verbracht. Alle hatten wir das gleiche Schicksal und unser Kontakt besteht heute noch. Die Frauen schauten mich groß an, als ich sagte, dass ich keinen Brustaufbau machen lassen wollte. Wir haben viel darüber geredet und dann habe ich mich damit befasst, habe recherchiert, mit meinem Mann gesprochen und am Ende war ich dann doch für einen Brustaufbau.

Der konnte bei mir aber nicht gleich mit der OP gemacht werden, sondern erst nach der Bestrahlung. Da kam ich dann schon wieder ins Zweifeln. Die Narbe wäre dann verheilt, sie müsste in einer OP wieder geöffnet werden, es würde ein Expander eingesetzt, damit die Haut sich wieder weitet und Wochen später wieder eine OP, um das Implantat einzusetzen. Da war ich dann schon nicht mehr so sicher. Ich hatte keine Lust mit 66 noch zwei OPs machen zu lassen und meine Zeit im Krankenhaus zu verbringen.

Ich hatte auch Angst, dass sich eine Kapselfibrose bilden könnte und dann wieder alles rausmüsste.

Der Professor in der Reha hat dann auch nochmal das Thema angesprochen und mir gesagt, wenn ich seine Frau wäre, dann würde er mir abraten. Von da an war mir klar. NEIN.

Annette: Danke dir fürs so offene Erzählen und Erklären. Ich kann deine Gedankengänge sehr gut nachvollziehen.

Gudrun: Zu amoena bin ich über Instagram gekommen. Sie hatten einen Aufruf gestartet und suchten betroffene Frauen nach einer Mastektomie für ein Fotoshooting. Ich habe mich gemeldet und wurde genommen. Wir waren 4 Frauen, 2 Models und 2 Brustkrebsbetroffene.

Mir ging es in den ersten Tage und Wochen so, wenn ich schöne Unterwäsche gesehen habe, dann wusste ich, dass ich diese BHs nicht mehr tragen kann.  In der Zeit nach der OP habe ich einen Erstversorgungs-BH getragen und der sah wenig sexy aus.

Ja, auch mit 65 möchte man ja noch hübsche Unterwäsche tragen. Ich wollte zeigen, dass wir uns trauen sollen. Wir müssen uns nicht verstecken. Und wenn ich das kann, dann können das andere auch. Manchmal fehlt einfach nur etwas Mut. Der Fotograf war einfühlsam und verständnisvoll und wir waren so ein tolles Team.

Eulenspiegel Chemo
Gudruns Chemozeit

Annette: Ich habe während der Chemo angefangen zu bloggen. Davor waren Blogs für mich „Dinge, die andere machen“. Du hast   vor deiner Erkrankung einen Blog gehabt. Der nennt sich “60 plus na und“. Dort geht es- wie du schreibst um– „Um das Leben. Ganz einfach. Keine Nische, kein bestimmtes Thema bei dem ich die Expertin bin. Mit 60-plus-na-und möchte ich mich mehr auf das Schöne im Leben konzentrieren. Schönheit, Mode, Reisen, Gesundheit, DIY, Deko, Garten und Genuss. Alles was das Herz höher schlagen lässt und auch der Entspannung dient, egal wie alt man ist.“

Du bist 2016 also mit „Wohlfühlcontent“ gestartet. 2019 kam dann mit deiner Krebsdiagnose ein „Rückschlag in deinem Leben“ wie du schreibst. Du hast dann auf deinem Blog begonnen, über deine Erkrankung und die Therapiezeit zu schreiben. Wie kam das bei deinen Leserinnen und Lesern an, die ja doch etwas andere Themen von dir gewohnt waren?

Gudrun: Im nächsten Jahr wird mein Blog schon 10 Jahre alt. Wo ist die Zeit geblieben?

Nach der Diagnose war mein Leben natürlich geprägt von den ganzen Untersuchungen und Therapien. Für die Themen, die meinen Blog ausmachten, hatte ich keinen Kopf. Es ging in den Wochen und Monaten um meine Behandlung nur darum, wieder gesund zu werden.

Am 10.9. war die Diagnose und am 27.9. habe ich meine Leserinnen über meine Krankheit informiert. Ich habe ganz viel Positives und ganz viel Rückhalt erfahren. Die Leserinnen waren interessiert, einige hatten auch schon eine Krebsdiagnose hinter sich und wir haben uns ausgetauscht.

Annette: Aus deinem Blogtexten hast du ein Buch gemacht. Du hast “Zweieinhalb Jahre“ im Selbstverlag veröffentlicht. Warum hast du diese Mühen – und auch Kosten – auf dich genommen. Welches Ziel verfolgst du mit deinem Büchlein? Und… verrätst du uns, was hinter dem Buchtitel steckt (so viel sei verraten, es handelt sich nicht um die Dauer deiner Therapiezeit)?

Gudrun: Genau, nachdem meine Therapie abgeschlossen und ich krebsfrei war, habe ich angefangen, mich wieder mit anderen und schöneren Dingen zu befassen. Aber ganz ehrlich – ganz ist man nie mehr aus diesem Krebsthema raus.

Jedenfalls rückten meine Beiträge, die sich mit meiner Erkrankung und dem Thema Krebs befassten, immer weiter in den Hintergrund. Daher kam mir die Idee, alle diese Texte wie in einem Tagebuch zusammenzufassen.

Es soll Leserinnen und deren Angehörigen Mut machen – es gibt ein Leben nach dem Krebs. Die Therapie kostet Kraft und ich hatte zum Schluss auch das Gefühl, ich kann nicht mehr. Aber es gibt ein Danach.

Annette: Auf jeden Fall, da gibt es! Wenn ich es richtig verstanden habe, heißt dein Buch so, weil du 2 ½Jahre gebraucht hast, bis du dich nach der Mastektomie im Spiegel anschauen konntest. Stimmt das?

Gudrun: Dass es zu einer Mastektomie kommen würde, das wusste ich ja von Anfang an. Mit dem Gedanken ging bzw. wollte ich in die OP gehen.

Aber einen Tag vorher habe ich mir noch einen Lendenwirbel gebrochen. Ich war im Krankenhaus zu den Voruntersuchungen der OP und auf dem Weg zum Parkplatz, wo mein Mann wartete, bin ich gestürzt und auf den Rücken gefallen. Es hat geknackt und ich wusste, was passiert war.

Im Unfallkrankenhaus wurde der Bruch des 2. Lendenwirbels festgestellt. Er sollte von allein wieder zusammenwachsen. Einfach so.

Ich bin also mit einem gebrochenen Lendenwirbel und schrecklichen Schmerzen am nächsten Tag zur Brust-OP. Die im Krankenhaus wussten schon Bescheid. Ich verlor meine linke Brust, aber die Angst, dass sich bei einer Bewegung ein Nerv einklemmt und ich vielleicht gelähmt sein würde, war stärker.

Drei Tage später riefen die Ärzt*innen vom Unfallkrankenhaus auf Station an und teilten mir mit, dass mein Lendenwirbelbruch doch operiert werden sollte. Ich bin nach der Brust-OP entlassen worden und drei Tage später ging es wieder ins Unfallkrankenhaus rein und ich wurde am Lendenwirbel operiert.

Vor Schmerzen und Angst hatte ich gar keine Zeit, mich am Tag der Brust-OP mental darauf vorzubereiten, dass ich mit nur einer Brust aufwachen würde. Die Schmerzen vom Lendenwirbel waren einfach zu groß.

Wenn ich nach dem Duschen in den Spiegel sah, dann sah ich auf die rechte Brust und wenn ich nach links schauen wollte, dann schweifte mein Blick ab. Ich habe mich zweieinhalb Jahre lang nicht ansehen können.

Erst das Fotoshooting, die Mitarbeiterinnen von amoena, die anderen Models und die ganze Atmosphäre ringsherum haben mir soviel Selbstvertrauen gegeben – auf einmal ging es.

Heute ist der Blick in den Spiegel ganz normal.

Annette: Wow, danke dir fürs offene Teilen deiner Emotionen!

Dein Lebensmotto ist „Lebe-liebe-lache“. Das ist herrlich lebensbejahend und absolut zuversichtlich. Hat dieses Motto mit den Erfahrungen deiner Krebserkrankung zu tun oder warst du schon immer so ein lebensfroher Mensch?

Gudrun: Sagen wir mal so, für mich ist das Glas halb voll und nicht halb leer. Ob ich lebensfroh war? Ich war nie zu 100 % positiv eingestellt, sondern ich habe auch schon mal “schwarzgemalt”.

“Lebe-liebe-lache” kam erst nach der Krebserkrankung, weil mir dadurch noch mal gezeigt wurde, wie schnell sich alles ändern kann. Danach habe ich mir vorgenommen, alles zu machen, was mir vom Leben geboten wird und ich habe auch gelernt “Nein” zu sagen und will es nicht mehr allen recht machen.

Annette: Das ist bei mir genauso. Diese Krebserfahrung lehrt uns so einiges…

Dies hier ist zwar ein Interview mit ernstem, sehr ernstem Thema. Dennoch muss ich dir nun eine Frage zum „Lachen“ stellen. Auf deinem Account schreibst du immer wieder mal vom Lachyoga. Was um Himmelsillen ist das denn bitte? Wo kann man das machen? Was bringt einem das? Und… Hast du vielleicht eine Übung, mit der die Leser*innen deines Interviews und ich das Lachyoga gleich mal testen können?

Gudrun: Oh je, wenn ich da jetzt so richtig ins Thema komme, dann wird das lang hier…

Ich habe Lachyoga vor 25 Jahren kennengelernt. Da hatte ich schon 10 Jahre hinter mir, in denen ich versucht habe, mich aus einem Burnout verbunden mit Angst- und Panikattacken, allein rauszukämpfen.

Damals kannte man den Ausdruck noch nicht und kein Arzt hat meine Symptome erkannt. Ich habe mich da allein “durchgewurschtelt” mich im Internet schlau gemacht und mir ganz viel über Entspannung und Atemtechniken selbst beigebracht.

Dann hat bei uns der erste Lachyoga-Club eröffnet und ich war mit eine der ersten, die dort beigetreten ist. Ich war vom ersten Tag an so begeistert, dass ich 6 Wochen später die Ausbildung zur Lachyoga-Leiterin gemacht habe und Kurse gegeben habe. Ich komme ins Schwadronieren, ich sags ja….

Annette: Und das darfst du sehr gerne. Ich finde das tooootal spannend! Erzähl gerne weiter, ich bin mir sicher, die Leser*innen deines Interviews interessiert das auch.

Gudrun: Also, Lachyoga kommt aus Indien und ist eine Methode, bei der wir ohne Grund lachen. Unser Kopf kann nicht zwischen einem echten und einem unechten Lachen unterscheiden und setzt mit der Zeit Glückshormone frei. Der Name Lachyoga ergibt sich aus den Lachübungen und die tiefe Atmung aus dem klassischen Yoga.

Schau gerne mal auf dieser Webseite nach, da ist das wunderbar erklärt. Das würde hier sonst zu weit führen.

Aber eine Lachübung möchtest du? Die Übung heißt “sich selber loben“:

  • Du klopfst dir mit der rechten Hand auf die linke Schulter. als wenn du sagen willst “gut gemacht” und lachst laut. +Dann klopfst du mit der linken Hand auf die rechte Schulter und lachst laut und vor allen Dingen lange.
  • Und das machst du nicht nur einmal, sondern mehrmals hintereinander. Das kommt dir zuerst komisch vor, aber das löst dann erst recht ein Lachen aus.

Ich habe bei dieser Übung immer den Gedanken im Kopf, dass ich mich dafür lobe, was ich während der Erkrankung alles geschafft habe. Heute kann ich auf Kommando jetzt sofort lachen, auch wenn kein Grund dafür da ist.

Annette: Hand aufs Herz… Sicherlich gibt es auch im Leben einer Gudrun Lochte Tage, an denen sie nicht lachen kann, an denen sie nicht mutig vorangeht und all ihre Träume lebt. Was oder wer hilft dir an Tage, an denen es dir nicht so gut geht, du traurig oder kraftlos bist?

Gudrun: Siehst du, da sind wir wieder beim Lachyoga. Ich stelle mich vor den Spiegel und schaue mir dort in die Augen. Dann fange ich ganz vorsichtig an zu lachen. Und weil das tatsächlich so skurril ist, so alleine vor dem Spiegel, wird das Lachen mit der Zeit immer mehr und immer lauter und irgendwann kommt der Punkt, dass ich ohne Grund herzhaft lache und nach ein paar Minuten bin ich schon ganz anders drauf.

Diese Methode mache ich aber im Moment nicht mehr ganz so oft.

Ansonsten meditiere ich, gehe raus ins Grüne und gerade bin ich dabei und lerne Qigong.

Es muss viel mehr gelacht werden. Also bring´das Lachen in die Welt.
- Gudrun Lochte auf ihrem Blog "60 und na und"

Annette: Liebe Gudrun, die letzten Zeilen des Interviews gehören dir. Welche Message oder Gedanken oder auch Tipps möchtest du an dieser Stelle unbedingt noch hinaus in die Welt schicken? Fühl dich frei, alles zu sagen, was du noch gesagt haben möchtest.

Gudrun: Auch wenn die Welt im Moment nicht so rosig aussieht (manchmal mag ich gar keine Nachrichten schauen), dann sieh immer das Schöne.

Lebe – liebe – lache.

Ich versuche, mir im Vorfeld nicht mehr zu viele Gedanken zu machen, sondern erst, wenn eine Situation eingetreten ist. Das habe ich während meiner Krebsbehandlung gelernt.

Wenn das Gedankenkarussell zu schnell unterwegs war, dann habe ich laut STOPP gesagt. Kein “wenn” und “aber” und “vielleicht” und “was mache ich dann”. Nein, erst wenn es so weit ist.

Ich gebe zu, es klappt ganz gut. Von Ausnahmen abgesehen….

Annette: Ach Gudrun, hab vielen Dank für diese erfrischende Interview. Es hatte Tiefgang, aber ist dennoch voller Leichtigkeit und sicherlich für ganz viele Betroffene ein mutmachender Lichtblick. Ich wünsche dir von ganzem Herzen alles, alles Gute für dich. Bleib lange gesund und munter. Wir lesen sicherlich noch oft auf Instagram oder unseren Blogs voneinander.

Gudrun: Liebe Annette, ich danke dir.

Annette: Ganz zum Schluss des tollen Interviews darf ich als besonderes Highlight noch ein Gewinnspiel ankündigen. Gudrun und ich verlosen 2 Exemplare von „Zweieinhalb Jahre“. Schickt mir dazu eine Email an annette@jung-und-krebs.de und verratet mir, was in eurer Handtasche nicht fehlen darf.*

 

Mehr über Gudrun erfahrt ihr hier:

Gudruns Homepage „60 plus na und

Gudrun auf Instagram

Gudruns Autorenseite

*Das Kleingedruckte zum Gewinnspiel:

Das Gewinnspiel endet am 15.09.25 um 23:59 Uhr.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Die Gewinner*innen werden zufällig ausgelost, am 16.09.25 in meiner Instagramstory verlinkt.
Sie erklären sich bereit, dass für den Buchversand ihre Adresse verwendet wird. 

Hier geht’s zu den anderen schon veröffentlichten Interviews aus der Reihe “Annette fragt…”

Eulenspiegel _ _ _n
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