Annette fragt… Anna Farris
Willkommen im Club, in dem keiner sein möchte!
Hallo zusammen,
heute folgt der zweite Teil meiner Geschichte und zwar quasi wie mein Titel schon sagt mein Eintritt in den “Club in dem keiner sein möchte! In einem Krebsforum, einer Krebsgemeinschaft wie auch immer! Da bin ich nämlich heute vor drei Jahren gelandet. Ohne es zu wollen, keiner hat mich gefragt ob ich beitreten möchte! Und das Schlimme an diesem “Krebsclub” ist, ist man einmal drin, ist man immer drin! Man kann die Mitgliedschaft nicht kündigen! Gestern vor drei Jahren habe ich meinen Knoten ertastet, und heute vor drei Jahren drangen dann die Worte zum ersten Mal in mein Ohr Krebs, bei mir selber, wow das ist nochmal eine ganz andere Nummer. An diesem Montag war es erstmal ein Verdacht auf dem Ultraschall, schon am Mittwoch sollte ich zur Stanzbiopsie. Schon allein das Tempo der Untersuchung lässt nichts Gutes vermuten. Jetzt war ich in dieser Zwischenwelt gefangen. Zwischen hoffen und bangen. Jetzt konnte ich noch Hoffnung haben, dass man sich doch getäuscht hat? Ich tat das was man nicht tun sollte ich wand mich an Dr. Google. Brustkrebs. Gab ich ein! Erst erschienen gute Nachrichten. Früh entdeckt zu 90 % heilbar! Dann las ich weiter voller Hoffnung. Dann der Schlag in die Magengrube. Brustkrebs ist die Krebsart die am häufigsten metastasiert. In Lunge, Leber, Knochen, Gehirn. Ich drückte schnell auf das Schließen Kreuz der Webseite. Jetzt wusste ich wieder warum man nicht googeln sollte. Scheiße die Tränen brannten auf meinem Gesicht. Ich werde wohl keine 40 mehr werden, mein Kind nicht aufwachsen sehen. Dann wieder der Gedanke noch hab ich offiziell kein Brustkrebs alles kann noch gut werden! Ich betete, ich versprach dem Lieben Gott ein guter Mensch zu sein, obwohl ich überzeugt war das bis dato schon gewesen zu sein. Das Leben zu schätzen, nichts mehr als selbstverständlich zu nehmen. Aber Bitte! Bitte! Mir nochmal eine Chance zu geben. Die Stunden und Minuten bis zum Mittwoch Nachmittag verrannen wie zäher Honig. Es war fast 40 Grad draußen und die Radiologische Praxis voll bis auf den letzten Platz. Ich musste unendlich viele Formulare ausfüllen. Mein Mann dufte zum Glück trotz Corona dabei bleiben. Ich wurde aufgerufen und mir wurde erklärt es wird zuerst nochmal eine Mammographie gemacht. Da ich das schon öfters hatte wusste ich was auf mich zu kam. Dann hieß es wieder warten. Warten auf das Unbekannte. Stanzbiopsie, würde es schlimm sein? Starke schmerzen? Keine Ahnung ich musste da durch! Dann wurde ich aufgerufen, mein Mann musste warten. Ich ging in das Zimmer alles wurde abgedunkelt. Eine nette Arzthelferin bereitete alles vor. Dann kam eine freundliche ruhige Ärztin. Sie erklärte mir, dass man den Knoten auch auf der Mammographie sah. Ich fragte sofort ob man noch mehr Knoten entdeckt hatte? Das hatte ich nämlich auch leider in den Foren gelesen, dass bei der Mammographie noch mehr Knoten in der einen oder sogar beiden Brüsten gefunden wurden. Sie verneinte. Puh Gott sei Dank! Dann machte sie nochmals Ultraschall. Diesmal ewig von den Achseln auf beiden Seiten. Ich wusste von Dr. Google, dass es wichtig war ob der Krebs sich schon in die naheliegenden Lymphknoten ausgebreitet hatte. Dies sah man meist im Ultraschall wenn diese vergrößert waren. Sie schallte die Achseln eine gefühlte halbe Ewigkeit. Mir rannte der Schweiß von der Stirn, einerseits von der Hitze andererseits vor Angst. Nach endlos lange. Die Arzthelferin kam mit einer sehr langen, dünnen Nadel. Wieder dankte ich Gott, dass ich keine Angst vor Spritzen hatte. Das war die lokale Betäubung. Dann musste ich mich zur Wand drehen und sah somit nicht viel von dem Prozedere. Wie vorher angekündigt, hörte ich drei mal einen lauten Knall, als die mit wie auch immer das Ding heißt in meinen Tumor stach und jedes mal ein Stückchen Gewebe herausstach. Es tat zum Glück null weh. Die Betäubung tat ihren Job! Ich spürte aber wie etwas warmes meinen Bauch hinunter lief. Später sah ich, dass da ganz schön viel Blut geflossen ist. Aber gut, erstmal war das geschafft. Ich bekam ein dickes Pflaster und einen leichten Druckverband. Die Ärztin meinte sie hoffe das Ergebnis sei bis Freitag da wenn nicht müsste ich bis Montag warten. Sie würden mich anrufen. Damit ging ich nach Hause.
Was das Warten bis Freitag bzw. evtl. Montag bedeuten mag kann sich keiner vorstellen. Es war der planke Psychoterror. Wie Folter, meine Gedanken sprangen minütlich hin und her zwischen Angst, Hoffnung und Sorge. So ein Zwischenzustand ist schlimm, zwischen Hoffen und Bangen, versuchen sich abzulenken. Wie ein Wunder schlief ich in der Zeit wie ein Stein. Ich glaube das ist ein Schutzmechanismus des Körpers, damit er Kraft hat, dass alles zu bewältigen. Um so schlimmer war es jeden Morgen aufzuwachen, denn jedes mal war der erste Gedanke der mir in den Kopf fuhr: “Vielleicht habe ich Krebs!” Was für ein Alptraum.
Meine Brust war inzwischen bunt wie ein Regenbogen. Blau, grün, violett und schmerzte wie eine starke Prellung. Heute war Freitag, hoffentlich der Tag der mir Gewissheit brachte ob Krebs oder nicht. Ich wollte endlich wissen was Sache ist. Ich googelte die Öffnungszeiten der radiologischen Praxis. Freitag bis 15.00 Uhr, puh es war gerade mal 7.00 Uhr morgens wie sollte ich nur den Tag rum bringen. Ganz zu schweigen wenn sie sich heute nicht melden und ich bis Montag warten müsste. Ich hoffte einfach ganz fest, dass sie sich heute melden würden. Der Tag zog sich elend in die Länge. Ich war angespannt und gereizt. Konnte mich auf nichts konzentrieren, ständig das Handy an meiner Seite.
Dann war 15.00 Uhr und ich stellte mich auf ein langes anstrengendes Wochenende ein. Um 15.08 Uhr klingelte das Handy. Die nett,e ruhige Ärztin war dran. Sie kam schnell zum Punkt es tät ihr Leid aber wie vermutet war es Krebs! Mein Mann stand neben mir schaute mich erwartungsvoll an. Ich schrieb auf ein Blatt Krebs!!! Mein Mund war staubtrocken. Ich riss mich zusammen, schrieb wie im Trance Termine auf im Brustzentrum, dann Termine für ein Knochenszintigramm, CT der Leber und des Bauchraums, stimmt da war ja was Brustkrebs verteilt sich gern im Körper. Sie wünschte mir alles Gute dann legte ich auf. Erstmal liefen die Tränen, dann informierte ich einige Menschen in meinem Umfeld, meine Chefin, ein paar Verwandte, einige Freunde. Sachlich und ruhig wieder war mein Körper auf Schutzmechanismus gestellt. Dann verfiel ich in Schockstarre, starrte vor mich hin. Unfähig etwas zu tun.
Irgendwann suchte ich wieder Halt im Internet in dem Frauenkrebsforum. Ich stellte mich vor und schrieb, dass ich heute die Diagnose erhalten hatte. Eine Frau begrüßte mich mit dem Satz: “Herzlich Willkommen in dem Club, in dem keiner sein möchte!” Da war ich nun in dem Club ohne Mitgliedsvertrag, ohne gefragt zu werden ob ich dabei sein möchte und ohne die Möglichkeit wieder auszutreten!!