Unter dem Motto „talk about cancer“ beschäftigen wir uns mit den vielen Facetten einer Krebserkrankung.hello@kurvenkratzer.at

(B)LOGBUCHEINTRAG VOM 12.03.2020 BIS 14.03.2020: Börsencrashs, Blutwerteabfall, Besucherregulation und Baumwollmasken

Momentan passiert ziemlich viel um mich herum. Auf der anderen Seite bin ich aber auch derbe müde, um hier regelmäßig was zu veröffentlichen. Ich hoffe, ihr seht es mir nach. Ich mach jetzt mal wieder einen kleinen Wrapup der letzen 3 Tage. Der wird es allerdings in sich haben. Also lieber mal vorsichtshalber aufs zarte Popöchen setzen. Es wird ähnlich sozialkritisch wie sonst nur „die Simpsons“.

Das allgegenwärtige Thema ist natürlich auch bei mir und in der Klinik „Corona“. Ich hab es da hier in der Klinik aber noch recht gut getroffen. Da ist Hamburg ja top aufgestellt. Die Alarmierungs- und Behandlungskette sieht meine Klinik erst an Stelle 3 zur Behandlung von Corona-Patienten vor. Als erstes werden alle Corona-Fälle im Universitätsklinikum Eppendorf behandelt, wenn da die Kapazitäten ausgeschöpft sind, wird das Bundeswehrkrankenhaus in Wandsbek in Zuständigkeit versetzt. Erst dann ist die Asklepios Klinik Barmbek vorgesehen. Alles in allem also doch ziemlich unrealistisch, dass ich einem erhöhten Risiko ausgesetzt bin. Aber dennoch… allein die ganze Medienpräsenz, die Panik und Hysterie macht mich und alle um mich rum auch langsam echt wuschig und geht an die Substanz. Das ganze erscheint mir schwerwiegender als der Virus an sich. 

Erschwerend kommt hinzu, dass fast alle rund um die Uhr ununterbrochen online sind und mit News und Fake News nur so zugebombt werden.

Ich habe in den vergangenen Tagen oft versucht Erinnerungen an 2002/2003 hervorzukramen als SARS das erste Mal auftrat. Was soll ich sagen? Da gibt es keine Erinnerungen dran. Damals schien das Leben ohne Panik und Hysterie weiter zu gehen. Dann gab es 2012 wohl auch noch MERS?! Wie haben wir das nur überlebt? Und dann kam der Siegeszug der Smartphones und damit einhergehend scheinbar auch die totale Verblödung bei gleichzeitiger Paniksensibilität und Hysterieanfälligkeit der Bevölkerung. 

Was ich dieser Tage alles so gelesen habe, lässt mich ernsthaft mit dem Kopf schütteln und ich frage mich, wo die Fähigkeit der Menschen geblieben ist, Fakten zu prüfen. Alles wird unverifiziert und ungefiltert weitergegeben. Wie die Schafe. Eins blökt „Mäh“, alle anderen stimmen ein.

Beispiel gefällig? In einer WhatsApp-Gruppe hieß es: „Kaufland macht alle Filialen zu!“. Keine Quellenangabe, nichts. Einfach stumpf und ungefiltert weitergeblökt. Ein kurzer Besuch von mir auf der Facebook-Seite sorgt für Aufklärung: 

Ich glaube, dass ist die wahre Gefahr, bei der ganzen virulogischen Lage, in der wir uns befinden. Das bewusste oder unbewusste Streuen von Falschinformationen.

Weiteres Beispiel…

Behauptung: „IKEA in Schnelsen hat geschlossen!“

Wahrheit: „Das Småland wurde geschlossen, damit die Kinder keinen erhöhten Gefahrenquellen ausgesetzt sind.“

Und was mach ich? Ich frage mich, ob ich der einzige verbliebene Mensch bin, der in der Lage ist, Aussagen zu hinterfragen und Fakten zu prüfen.

Leute… ihr habt doch eh Langeweile. Da könnt ihr doch auch weitere 10 Sekunden investieren und mal kurz eine Faktenprüfung durchführen, bevor ihr all eure WhatsApp-Gruppen, Facebook-Freunde oder Instagram-Follower verrückt macht! 

Das bringt mich dann auch zum nächsten Tagesordnungspunkt für heute. Meine Atemschutzmaske aus Baumwolle ist mittlerweile mein Heiliger Gral geworden. Er schützt mich zumindest vor 98 % der Keime, Viren und Bakterien. Aber auch da gibt es mittlerweile ernste Einschränkungen. Mundschutzmasken werden hier in der Klinik mittlerweile weggeschlossen und rationiert. Jede Schwester, jeder Pfleger und jeder Arzt bekommt pro Schicht inzwischen nur noch EINE MASKE. Weil der Bestand sonst in Gefahr gerät. Warum? Weil anscheinend auch Mundschutzmasken von Hysterielämmern gebunkert werden. Masken, die für andere Leute lebenswichtig sein können, liegen in Haushalten rum, wo sie wahrscheinlich in ein paar Monaten weggeworfen werden, wenn das Thema durch ist. Und Klopapier… warum Klopapier? Ich denke, Corona schlägt auf die Lunge? Klopapier ist doch aber für den Ar***. Und Nudeln!? WARUM NUDELN?! Aus Nudeln kann man nichts machen außer…. NUDELN. Warum kauft man dann nicht wenigstens Kartoffeln? Ich hab da lange drüber nachgedacht. Der für mich einzig logische Ansatz: 

Die oben bereits erwähnte fortschreitende geistige Unterkapazität. Ich habe die Befürchtung, dass die Leute vielleicht einfach keine Kartoffeln mehr kochen können. Weil auf der Kartoffel keine Kochzeit drauf steht? Oder braucht es zum Kochen von Kartoffeln ein YouTube-Tutorial? Die Kartoffel… ein scheinbar unterschätztes Nachtschattengewächs. Wir haben zuhause Kartoffeln, so mein aktueller Sachstand. In der Krise, so denn eine kommt, kann ich mich also auf meine Süße verlassen, das wir zumindestens kulinarisch nicht an blanker Ödness verrecken. Oh du Kartoffel. Quell schier unerschöpflicher Mahlzeitenvariation:

  • Kartoffelpuffer 
  • Kartoffelpüree 
  • Salzkartoffeln
  • Pommes
  • Kartoffelauflauf
  • Kartoffelsalat
  • und, und, und 

Aber nein… NUDELN! Und REIS! Das ist doch alles unterschwellige Psychologie. Woher kommen denn Reis und Nudeln? Reis? Aus China. Woher kommt der Corona-Virus? Bing, bing, bing… Jackpot! China! Woher kommen denn die Nudeln? Ja!!! Aus Italien – da wo der Virus gerade schön am meisten wütet. Ich bleib bei der Kartoffel! Der 14.03. wird ab jetzt für mich persönlich Welttag der Kartoffel sein. Passt auch gut zum Schnitzel. Ein weiteres Traditionsrezept. Hat heute auch einen eigenen Welttag. Einfach mal „Schnitzel 14.3.“ googlen. Es lohnt sich. Versprochen! Das ist dann mal was lustiges abseits der ganzen Hysterie. Nochmal á propos Hysterie: Was das alles für Kreise zieht, sieht man ja auch an den Börsen. Tiefstwerte wie vor 16 Jahren. Grandios… wäre jetzt ein guter Zeitpunkt um günstig Aktien zu kaufen. Wenn man cash hätte und nicht all seine Ersparnisse in Nudeln, Reis und Klopapier investiert hätte.

Nächstes Thema:

Hier in der Klinik herrscht seit 3 Tagen Besucherregulation. Heißt: jeder Patient darf pro Tag nur noch eine Person zu Besuch empfangen. Damit leistet die Klinik ihren wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Epidemie. Das ist auch so etwas, was ich nicht verstehe. Da ist ein Virus unterwegs und das Volk muss dezidiert darauf hingewiesen werden, was zu tun ist. Ich habe das Gefühl, dass die Leute es zuhause nicht mehr aushalten. Haben denn alle Feuerameisen auf der Couch oder warum kann man nicht mal eine Zeit lang mit dem Hintern zuhause bleiben?! Klar, Besuch bekommen ist schön, richtig und wichtig. Aber es gibt auch Patienten, die mit ihrem Immunsystem aufpassen müssen. Wie ich zum Beispiel. 

Ach und nochwas. Für alle Panikhäschen (ich hätte fast Panikhöschen geschrieben. Hätte aber auch gepasst) da draußen: wenn ihr Panik habt, dann schaut euch mich an und erhebt mich in den Stand einer Gottheit! Ich lebe hier gerade mehrfach am Limit! Im allerwahrhaftigsten Sinne des Wortes. 

  • Meine Blutwerte sind im Keller
  • Schutzmasken sind knapp
  • Nudeln gab es hier seit Tagen nicht mehr als Beilage

Und, und das ist der entscheidende Punkt der mich für den Megaman-Award 2020 nominiert und legitimiert.

  • Ich teile mir das Zimmer mit einem Italiener!

Ohne Witz. Und ich lebe noch. Ziemlich gut sogar. Und er auch. Obwohl: manchmal verspüre ich den Drang ihn mit Desinfektionsmittel zu besprenkeln wie der Pfarrer mit dem Weihwasser in der Kirche.

Das war es dann vorerst für heute und die vergangenen Tage. Sorry, war sehr sozialkritisch, aber extreme Zeiten erfordern nun mal extreme Maßnahmen. Und ein Augenzwinkern! Und bald ist der Zyklus 3 von 4 ja dann auch geschafft und ich darf nach Hause. Ich hoffe, es gibt Nudeln! Und Klopapier.

Bis dann, liebes Therapietagebuch.

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