Unter dem Motto „talk about cancer“ beschäftigen wir uns mit den vielen Facetten einer Krebserkrankung.hello@kurvenkratzer.at

Angst

Es ist schwer sich das vorzustellen. Metastasen bedeuten Tod. Der Unterschied kann noch so klein sein, eine winzige Metastase in der Lunge, eine kleine Tumorabsiedlung in der Leber. Statistisch ist Brustkrebs im Moment der Metastasierung nicht mehr heilbar.

Ja, es gibt Ausnahmen. Aber ich werde nicht die Ausnahme sein. Mein Krebs ist so aggressiv, wenn er metastasiert wird es schnell gehen.

 

Ich bekomme viele Nachrichten in den letzten Tagen. So oft lese ich ich sei erstaunlich stark, taff, immer optimistisch (das ist besonders seltsam, weil ich echt nicht optimistisch bin), würde nie den Kopf in den Sand stecken. Manch eine sieht ein Vorbild in mir…

Ich danke euch allen für eure Worte!

 

Heute kann ich nur berichten, dass ich Angst habe. Unglaubliche Angst.

 

Seit Wochen rechne ich damit, dass ich Knochenmetastasen habe. Es ist wie eine Sicherheit, eine Gewissheit die in mir gewachsen ist.

Sollte sich diese Gewissheit nicht bestätigen wäre ich die glücklichste Person auf diesem Planeten. Wenigstens für eine Weile. Doch viel wahrscheinlicher ist, dass morgen (oder übermorgen, je nachdem wann ich das Ergebnis erfahre) mein Todesurteil verkündet wird. Bis zur Vollstreckung habe ich dann noch ein bisschen Zeit, aber ich kann nicht in Remission gehen. Ich werde dem Urteil nicht entgehen können.

 

Ich bin ganz ruhig. Jetzt im Moment.

Seit mehr als einem Jahr bewege ich mich auf diesen Zeitpunkt zu, auf den Tag an dem ich erfahre, dass der Kampf verloren ist. Seit der Diagnose spiele ich es in meinem Kopf durch. Wie werde ich reagieren? Wie wird es mir danach gehen?

 

Ich hoffe mit jeder Zelle meines Körpers, dass ich mich täusche, dass der Moment noch nicht gekommen ist, das er vielleicht niemals kommt.

 

Ich denke es ist auch erleichternd die Nachricht zu bekommen. Es ist der einzige Weg diese lähmende Angst, vor der Frage nach Metastasen oder keine Metastasen, endgültig zu überwinden. Das Gefühl loszuwerden nur auf eben diesen Moment zu warten.

 

Wie soll ich morgen 2 Stunden rumbringen? Mindestens 2 Stunden, in denen ich warten muss, dass sich das radioaktive Kontrastmittel in meinen Knochen ansammelt und jede Veränderung des Knochenwachstums zum Leuchten bringt?

24 Stunden soll man danach keinen körperlichen Kontakt zu kleinen Kindern haben.

Wie soll ich, egal ob in der extremen Freude und Erleichterung, oder aber auch in der absoluten Verzweiflung und Angst, nach dieser Untersuchung mein Kind nicht in den Arm nehmen?

 

Ich weiß es nicht.

 

Ich werde es morgen erleben müssen.

 

Für heute Abend bleibt mir nur die Angst und diese tiefe und gefährliche Ruhe die eingekehrt ist.

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