Annette fragt… Anna Farris
Ein Tag am UKT
Eigentlich hatte ich nur zwei Termine, aber wie das am Uniklinikum so ist, habe ich Mal wieder einen ganzen Tag dort verbracht.
Auch wenn ich in diesem Text den heutigen Tag revue passieren lassen möchte muss ich kurz ausholen und einen Teil des gestrigen Nachmittags schildern:
Ich bin ziemlich erkältet. Zum Glück einigermaßen fit, aber ich huste stark und habe kaum Stimme. Das ist natürlich heutzutage nicht so praktisch.
Als mir im Verlauf des gestrigen Tages klar wurde, dass das so schnell wohl kaum weg geht rief ich in der Frauenklinik an. Ich wollte vermeiden, dass man mir heute früh sagt, dass ich mit meinen Symptomen meine Termine nicht wahrnehmen kann. Ein negativer Test sollte es richten.
Ich wurde gleich durchgestellt zur diensthabenden Ärztin. Ein PCR Test muss es sein, hieß es.
Wie ich an einen PCR Test komme, wollte ich wissen. Testzentrum, war die Antwort.
Im Notfall könne man den Test aber auch vorm Termin direkt in der Frauenklinik machen. Das sei halt unpraktisch, weil der bestimmt vier Stunden bräuchte…
Ich googelte also und fand folgendes heraus: das Testzentrum in Reutlingen, wo ich wohne, hat montags, mittwochs, donnerstags und freitags offen. Dienstags nicht. Klar.
Die Schnellteststationen richten ihr Angebot ausschließlich an symptomfreie Menschen und ohne Termin geht dort eh nicht viel.
Das Testzentrum in Tübingen hat dienstags offen. Einen Termin hatten sie nicht mehr frei (Terminvergabe online), aber man könne auch ohne Termin kommen, steht auf der Website.
Es galt keine Zeit zu verlieren, denn ich musste erst noch (im Berufsverkehr) nach Tübingen fahren und das Testzentrum würde bald zu machen.
Total erkältet setzte ich mich also ins Auto und fuhr nach Tübingen.
Das Testzentrum hatte nicht offen. Ein Einweiser erklärte mir, dass die Feuerwehr alles abgeriegelt hätte. Er wüsste auch nicht warum.
Kein PCR-Test für mich.
Ich war verärgert. Wer hat sich den Mist denn ausgedacht?
Ich habe keine Coronainfektion. Trotzdem kann mein Termin, von dem vieles abhängt, ohne Test nicht stattfinden. Warum gibt es kein vernünftiges Testangebot in so einer Situation?
Da ich schon in Tübingen war fuhr ich in die Frauenklinik. Wenn die im Notfall am nächsten Morgen den Test machen könnten, sollte das auch direkt möglich sein.
Vor der Tür laß ich den Aufsteller zum Thema Corona. Wer mit Symptomen ankomme solle bitte klingeln. Also klingelte ich. Nach einer kurzen Unterhaltung über die Gegensprechanlage kam ein junger Mann von der Einlasskontrolle raus.
Ich schilderte ihm die Situation und er telefonierte ein wenig rum. Der Coronabeauftragte sei bereits im Feierabend, sagte man mir.
Wie kann das denn sein? Gibt es an der Frauenklinik Corona nur zu üblichen Bürozeiten?
Es ist nicht etwa so, dass es einen Beauftragten gibt und der halt irgendwann Feierabend macht. Es gibt eine Art Dienstplan und es wird immer ein Arzt als coronabeauftragt eingeteilt.
Ist mir egal wer Feierabend hat. Es wird ja wohl noch Ärzte im Haus geben.
Man könne keinen Test machen. Geht nicht für ambulante Patienten.
Dann gab es Entwarnung: ein negativer Schnelltest am nächsten Morgen wüede reichen, hieß es auf einmal.
Ich vergewisserte mich mehrfach.
Dann fuhr ich nach Hause. Fast zwei Stunden war ich unterwegs für nichts.
Eine Frage blieb: woher einen negativen Schnelltest bekommen?
Der Junge Mann von der Einlasskontrolle hatte gesagt es tut auch ein Selbsttest. Ich solle mir das Ergebnis in einer Apotheke bestätigen lassen.
Also auf in die Apotheke. Nein, das können und dürfen sie nicht machen.
Wunderbar.
Zuhause angekommen bemühe ich wieder Google. Google bleibt dabei: Schnellteststationen richten ihr Angebot ausschließlich an symptomfreie Menschen. Dann muss die Frauenklinik den Schnelltest machen. So schwierig kann das ja nicht sein.
Für den Fall der Fälle kaufe ich einen Selbsttest. Der ist natürlich wertlos, wenn ich ihn Zuhause mache. Könnte ja jeder gemacht haben. Ich packe ihn ein. Zur Not mache ich den eben vor der Frauenklinik.
Heute früh also komme ich, in der Erwartung, dass es sicher komplizierter wird, als versprochen an der Frauenklinik an. Ich bin extra früh dran, damit ich ein bisschen Spielraum habe.
Wie gestern auch klingel ich am Eingang. Soll ja keiner sagen ich hielte mich nicht an die Regeln. Die Frau an der Pforte ist irritiert. Was ich wolle, fragt sie mich. Dass jemand raus kommt erwiedere ich. Ich habe Husten und einen Termin. Warum ich nicht einfach reinkäme und das mit der Einlasskontrolle bespreche? Na weil hier draußen ein Aufsteller steht, dass ich genau das bitte nicht tun soll.
Sie schickt mir jemanden raus. Den netten jungen Mann von gestern.
Er ruft eine Ärztin an. Eine Weile wird diskutiert, dann heißt es der Termin wird um eine Woche verschoben. Man könne kein Risiko eingehen und man könne keinen Test machen. Nicht bei ambulanten Patienten. Ich werde wütend. Es ist nicht so, dass sie keine Tests hätten, es ist nicht so, dass sie nicht in der Lage wären Tests durchzuführen oder auszuwerten. Es ist ein rein bürokratisches Problem. Sie können das nicht machen bei ambulanten Patienten.
Ich möchte meine Wut ungerne an dem jungen Mann auslassen, der wahrlich nicht schuld ist an diesem Mist.
Ob er mir die verantwortliche Ärztin ans Telefon holen kann, frage ich ihn. Er ruft sie an und gibt weiter.
Ich erkläre, dass ich, seit bald einer Stunde, vor dem Krankenhaus stehe, dass ich bereits gestern da war, dass ich versichert bekommen hatte, dass sie im Zweifelsfall selbst testen können und, dass ein Schnelltest reicht. Ich sage ihr, dass ich nicht bereit bin den Termin zu verschieben.
Ich sage ihr auch, dass die logische Konsequenz aus dieser Erfahrung für mich ist, dass ich in Zukunft coronatypische Symptome verschweigen werde und dass das nicht im Sinne des Krankenhauses sein kann.
Ich habe keine Coronainfektion. Ich bin weitestgehend isoliert. In meinem nähen Umfeld gibt es mehrere schwere Erkältungsfälle zur Zeit. Diverse Tests haben gezeigt, dass es sich nicht um Corona handelt.
Die Ärztin (ich bin nicht Mal sicher ob ich mit einer Ärztin gesprochen habe) sagt sie klärt das ab und der Coronabeauftragte käme dann raus zu mir.
Mittlerweile stehe ich fast eine Stunde vor dem Krankenhaus. Es ist kalt und immer wieder regnet es. Ich kann nicht mehr stehen und Zeit hab ich auch keine übrig. Ich habe später noch einen CT-Termin. Das wird eh schon knapp.
Vielleicht eine viertel Stunde später kommt eine sehr nette junge Ärztin raus. Es gibt eine Planänderung. Sie macht jetzt einen Schnelltest und wenn der negativ ist soll ich in die Cronaklinik fahren und das CT machen lassen. Anschließend solle ich wieder in die Frauenklinik kommen, wo dann mein Termin in der Brustsprechstunde stattfinden soll. Man würde dann auch noch einen PCR-Test machen.
Ich muss ja nicht alles verstehen (warum macht man nicht beide Tests sofort?), aber der Plan klingt als würden zumindest beide meine Termine stattfinden.
Fünf Minuten später kommt die junge Ärztin mit einem Schnelltest wieder. Wie zu erwarten ist er negativ.
Nach über einer Stunde fahre ich von der Frauenklinik zur Cronaklinik. Die Veränderte Reihenfolge meiner Termine kommt mir sehr entgegen. So kann der Arzt im OP-Planungsgespräch später die CT Bilder wenigstens schonmal anschauen (abschließend bewerten kann die nur ein Radiologe).
Natürlich hatte ich gefragt ob die in der Crona bescheid wissen, dass ich viel früher zum CT komme und, dass ich einen negativen Schnelltest habe. Ja, alles abgesprochen und wegen des Testergebnisses rufe man gleich dort an.
Eine viertel Stunde später bin ich in der Cronaklinik. Als ambulante Patientin muss ich zum Liegendkrankeneingang rein. Ich kreuze im obligatorischen Coronafragebogen an, dass ich Symptome wie Husten, Halsschmerzen und co habe und erkläre der netten jungen Dame die den Fragebogen stempeln muss, dass ich aus der Frauenklinik hergeschickt wurde und man mir versprochen hatte sie über meinen negativen Test zu informieren. Natürlich wusste keiner was von irgendwas. Es wurde also wieder telefoniert.
Vermutlich habe die Frauenklinik in der Radiologie angerufen (warum das denn? Ich muss doch an der Einlasskontrolle vorbei. Was hilft es mir, wenn die in der Radiologie wissen, dass ich einen negativen Test habe?).
Eine nette Frau aus der Patientenanmeldung der Radiologie nimmt sich meines Falles an. Ich muss im Coronabereich auf Freigabe warten. Aber die kommt nicht.
In der Frauenklinik weiß keiner von irgendwas was. Wunderbar.
Schon nach wenigen Minuten gibt die Frau von der Patientenanmeldung auf und kommt zu mir in den Coronawartebereich. Sie will wissen, ob ich das Testergebnis kenne. Klar!
Offensichtlich ist man in der Cronaklinik sehr viel unkomplizierter. Meine Aussage reicht.
Zusammen mit der Frau von der Anmeldung laufe ich in die Radiologie.
Ich frage, ob man denn wenigstens Bescheid gegeben hätte, dass ich früher zum CT komme. Nein. Sie wissen von nichts.
Ich bin über eine Stunde zu früh.
Man verspricht mich trotzdem schnell dranzunehmen, damit ich heute irgendwann noch nach Hause komme.
Es ist inzwischen 11:30. Um 9:45 war ich an der Frauenklinik.
Tatsächlich läuft in der Radiologie alles ziemlich zügig. Nach kleinen Problemen mit meinem Zugang (meine Venen sind einfach futsch) bin ich um 12:45 fertig und wieder auf dem Weg in die Frauenklinik.
Dort angekommen komme ich problemlos an der Einlasskontrolle vorbei. Der bereits gestempelte Fragebogen aus der Crona reicht offensichtlich. Ich melde mich gegen 13:20 für die Brustsprechstunde an. Kein Problem.
Doch in der Brustsprechstunde werde ich nicht gerade willkommen geheißen. Ich dürfte gar nicht da sein, heißt es da.
Man schickt mich wieder weg. Erst muss der PCR Test gemacht werden. Für mich geht es ins isolierzimmer. Es wird ein Abstrich gemacht und man verspricht mich auf dem laufenden zu halten wie es weiter geht.
Für mich heißt es jetzt warten. Auf das Ergebnis eines PCR-Tests. Mehrere Stunden.
Gegen 15:40 stürmen zwei Professoren das Isolierzimmer. Mein Testergebnis ist noch nicht da, aber das scheint sie nicht groß zu interessieren. Meiner Erkältung stelle sich überhaupt nicht wie Corona dar und sie seien eh beide geimpft. Aber gut klingen würde ich nicht.
Ich bekomme ein Antibiotikum verschrieben. Prophylaktisch.
Einer der Ärzte hat es sehr eilig. Klar es ist ja auch schon spät.
Er entscheidet zu operieren und gibt mir einen Termin bereits für die kommende Woche. Dann ist er wieder weg.
Mit dem anderen Arzt besprechen ich, mehr oder weniger in Ruhe, wie es weiter geht.
Auf meine Bitte hin schaut er sich auch die CT Bilder an. Sogar der schriftliche Befund ist schon da. Die Organe sind alle sauber. Soweit so gut, wäre da nicht diese kleine Verdichtung in der Lendenwirbelsäule. Suspekter Befund. Empfehlung des Radiologen: Knochenszinigraphie. Gut die ist eh geplant.
Um zehn nach vier mache ich mich auf den Heimweg. Mein PCR-Testergebnis ist immer noch nicht da.
Freitag keine Chemo. Ich bin erleichtert. Antikörpertherapie soll ich aber weiter machen.
Auf der Heimfahrt versuche ich meine Gedanken und Emotionen zu sortieren. Die meisten Nachrichten des Tages sind gute. Die Angst vor Knochenmetastasen bleibt.
Was noch bleibt ist große Fassungslosigkeit über die Planlosigkeit der Frauenklinik im Umgang mit einer erkälteten Patientin.
Gegen 17:30Uhr kommt der Anruf: mein PCR-Test ist negativ. Ich habe weder Covid19 noch eine Influenza.