Unter dem Motto „talk about cancer“ beschäftigen wir uns mit den vielen Facetten einer Krebserkrankung.hello@kurvenkratzer.at

Mama hat Krebs

Wir erlebt eigentlich eine 3-Jährige so eine Krebserkrankung?

 

Ich habe eine unglaublich schlaue, gewitzte und mutige Tochter. Sie ist frei und selbstständig und wissbegierig.

Wenn Leute hören, dass ich Mama bin und Krebs habe sind die Reaktionen sehr unterschiedlich. Sie reichen von “das ist ja furchtbar, das arme Kind” und “das muss ganz schlimm für dich sein” über “wunderschön, dass du einen Mama sein kannst. Das macht Hoffnung, das bedeutet Lebensfreude”.

Beides ist irgendwie wahr. Auch wenn ich natürlich nicht hören möchte, dass meine Tochter arm dran ist.

Meine Tochter ist ein super gut geborgenes Kind. Sie hat tolle Menschen um sich herum und sie braucht mich nicht.

Das klingt hart, aber es ist wahr. Sie hat mit ihrem Papa und meinem Bruder zwei Menschen an ihrer Seite, die Spielkameraden und Erziehende gleichermaßen sind. Immer bemüht für sie da zu sein und die Sicherheit und Bindung in ihr Leben zu bringen mit denen sie gut durchs Leben kommen wird, auch wenn ich nicht mehr bin.

 

Ich bin kein guter Spielkamerad. Ich kann oft nicht toben, ich kann nicht weit laufen, ich kann sie meist nicht tragen und ich kann auch sonst vielen ihrer Bedürfnisse nicht gerecht werden.

Umso schöner sind die gelungenen gemeinsamen Momente. Wenn wir zusammen backen, kochen, basteln, Ball spielen. Wir haben viel Spaß zusammen und machen immer gemeinsam was eben geht.

 

Sie kennt mich nicht anders. Als ich meine Diagnose bekam war sie noch nicht ganz zwei Jahre alt. Die Angst und die Verzweiflung der ersten Tage haben wir so gut es möglich war von ihr fern gehalten und dann schnell begonnen alles sehr offen mit ihr zu kommunizieren. Uns war wichtig ihr keine Angst zu machen.

Krebs ist beängstigend. Aber der Tod gehört zum Leben und mein Mann und ich sind überzeugt, dass in der offenen Kommunikation die Möglichkeit entsteht Ängste und Tabus abzubauen.

Wenn meine kleine Tochter also eine OP-Wunde sehen will, oder ganz genau wissen will wofür die Redondrainage eigentlich gut ist oder wo die hinführt und wie die da hingekommen ist, dann erkläre ich ihr das und zeige es ihr auch. Da werden gemeinsam Pflaster entfernt und Wunden eingecremt. Sogar eine Heparinspritze durfte sie mir schon geben.

Dabei gilt immer: was sie sehen will darf sie sehen, was sie wissen will wird ihr erklärt. Darüberhinaus machen wir die Krankheit nicht zu einem größeren Thema als notwendig.

Mit ihren 3 Jahren hat sie einen Umgang mit meiner Erkrankung entwickelt, der voller Wissen und Gelassenheit ist. Sie weiß, dass diese Krankheit sehr gefährlich ist.

Wir haben auch schon über den Tod gesprochen. Das ist für sie natürlich nicht greifbar. Aber es ist eben auch kein Tabu.

Sie kann erklären was ein Port ist und sie weiß was eine Operation ist.

Wenn sie über die Zukunft spricht komme ich selten in ihren Erzählungen vor. Fragt man sie wo ich bin sagt sie “im Krankenhaus”.

Das ist für sie aber ok.

 

Eines Tages werde ich wahrscheinlich Gespräche mit ihr darüber führen müssen was es bedeutet sich zu verabschieden. Das wird ihr sicher Angst machen. Aber sie lebt in der Sicherheit, dass wir keine Geheimnisse vor ihr haben. Sie muss keine Angst haben, dass ich einfach nicht wieder komme. Sie ist so aufgeklärt, dass sie zu jedem Zeitpunkt die Gewissheit hat, dass ich wieder zu ihr nach Hause komme.

 

Jetzt steht meine neue Therapie an. Wir haben viel darüber gesprochen was das bedeutet. Dass es mir wieder schlechter gehen wird, dass ich einen neuen Port brauche, dass ich wieder viel rumliegen werde und vielleicht auch manchmal genervt sein werde und leiden werde. Dass das alles nichts mit ihr zu tun hat.

Wir haben auch darüber geredet, dass diese Therapie, wenn alles gut läuft, dazu führen wird, dass es mir irgendwann besser gehen wird und dass ich mich sehr über diese Therapie freue.

 

Alles in allem ist sie ein unbeschwertes Kind und ich bin tatsächlich überzeugt, dass sie von unserem Umgang mit der Erkrankung und dem Thema Tod sogar profitieren kann.

 

Ich hoffe ich kann eines Tages mit ihr auf diese Zeit zurückschauen und ihr sagen wie stolz ich auf sie bin.

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