Unter dem Motto „talk about cancer“ beschäftigen wir uns mit den vielen Facetten einer Krebserkrankung.hello@kurvenkratzer.at

Was ist eigentlich TN?

Deutschland erkranken jährlich ungefähr 70.000 Menschen an Brustkrebs. Die Prognose ist gut. Über 80% aller Erkrankten leben auch 10 Jahre nach der Diagnose noch.

Doch Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs. Es gibt beim Brustkrebs Subgruppen deren Therapien sich deutlich voneinander unterscheiden.

 

Die Differenzierung verschiedener Brustkrebsarten ist sehr komplex und es gibt sehr viele Möglichkeiten Tumoren einzuordnen.

Ich möchte hier und heute nur darauf eingehen was “triple negativ” (TN) bedeutet. Etwaige Ungenauigkeiten möge man mir bitte verzeihen.

 

Eine Krebszelle ist eine körpereigene, entartete Zelle, die sich uneingeschränkt vermehrt.

Es gibt Krebszellen die sich in Verbunden ansiedeln (solide Tumoren) und solche, die in ihrer Art systemisch sind (Leukämie, Lymphome).

Beim Brustkrebs handelt es sich um eine solide Tumorerkrankung. In aller Regel gibt es einen (oder mehrere) Tumor in der Brust von dem aus der Krebs sich unter Umständen in den ganzen Körper verteilt.

Brustkrebs entsteht aus Zellen des Milchdrüsengewebes.

Wird ein Brustkrebstumor festgestellt wird er in der Regel zunächst biopsiert. Es gilt herauszufinden wo die Schwachstellen der Krebszellen sind und die Therapie individuell auf den Krebs auszurichten. Regelmäßig ist die Zellteilungsrate der Brustkrebszellen sehr hoch. Hier setzt die Chemotherapie an. Mit Zellgiften, sogenannten Zytostatika, werden im gesamten Körper solche Zellen vernichtet die sich teilen. Dabei werden reihenweise gesunde und wichtige Zellen abgetötet, weswegen eine Chemotherapie Starke Nebenwirkungen mit sich bringt. Auch der bekannte Haarausfall resultiert aus diesem Effekt. Auch wenn der Schaden an gesunden Zellen groß ist, noch größer ist er an den Krebszellen, denn sie teilen sich sehr häufig und sind dementsprechend sehr anfällig für Zytostatika.

Nicht immer mach eine Chemotherapie Sinn. Manche Brustkrebstumoren bestehen aus Zellen die sich verhältnismäßig selten teilen. In diesem Fall würde eine Chemotherapie mehr schaden als nutzen.

 

Es gibt beim Brustkrebs eine Reihe weitere Therapieansätze.

 

Auf der Oberfläche der Krebszellen befinden sich in den meisten Fällen Progesteron- und Östrogenrezeptoren. Die, zusammengefasst Hormonrezeptoren genannten, Rezeptoren docken an Hormonen an. Die Krebszelle braucht diese Hormone. Verhindert man, dass die Rezeptoren Hormone binden hungert man den Krebs quasi aus.

Mit einer sogenannten “Antihormontherapie” kann man deshalb die meisten Brustkrebstumoren effektiv und über einen langen Zeitraum (5-10 Jahre) bekämpfen.

 

Außerdem haben einige Brustkrebszellen an ihrer Oberfläche sehr viele sogenannte Her2-Rezeptoren. In der DNA in jedem Zellkern befindet sich das Her2-Gen. Es führt zur Ausbildung des Her2-Proteins, welches, ähnlich einer Antenne, aus der Zelle herausragt und Wachstumsignale empfängt und in den Zellkern weiterleitet. Dadurch steuert Her2 die Zellteilung.

Bei manchen Brustkrebstumoren kann man eine deutliche Überexpression dieses Her2 Proteins feststellen. Die einzelne Krebszelle hat also nicht ein paar wenige “Antennen”, sondern hunderte. In der Folge empfangen die Zellkerne die ganze Zeit das Signal sich zu teilen. Unkontrolliertes Zellwachstum entsteht.

 

Seit einigen Jahren gibt es nun zwei Medikamente, sogenannte Antikörper, die sich gezielt an die Her2 Rezeptoren binden und somit den Signalweg blockieren. Die “Antenne” empfängt keine Wachstumssignale mehr und gibt entsprechend auch keine an den Zellkern weiter. Das unkontrollierte Wachstum kommt zum erliegen. Gleichzeitig erkennt unser Immunsystem den Antikörper, der somit die Zelle quasi “enttarnt” und kann die Krebszellen, an der der Antikörper angedockt hat, gezielt bekämpfen.

 

Tumoren mit positivem Her2-Rezeptorstatus galten bis vor wenigen Jahren, als die gefährlichsten unter den Brustkrebstumoren. Sie sind besonders aggressiv und wachsen sehr schnell. Seit die Antikörpertherapie zugelassen ist hat sich die Prognose signifikant verbessert.

 

 

 

Diese drei Therapieansätze sind zur Zeit die großen Säulen der systemischen Brustkrebstherapie.

Die Chemotherapie (für schnellwachsende Tumoren),

Die Antihormontherapie (für Tumoren mit Hormonrezeptoren),

Und die Antikörpertherapie (für Tumoren in deren Zellen Her2 überexpremiert ist).

 

Je nach individueller Diagnose werden diese Therapieansätze kombiniert und dann lokal ergänzt durch eine Operation und gegebenenfalls eine Strahlentherapie.

 

Die beiden Hormonrezeptoren (Progesteron und Östrogen) und der Her2-Rezeptor sind die drei Rezeptoren, die derzeit als Therapierelevant gelten.

Liegt bei einem Tumor keine Überexpression eines dieser Rezeptoren vor, ist der Rezeptorstatus also für alle drei Rezeptoren negativ, spricht man von dreifach negativem = trippel negativem Brustkrebs.

 

Der TN ist deshalb besonders gefährlich, weil er auf der einen Seite regelmäßig sehr aggressiv und schbellwachsend ist und auf der anderen Seite bislang kaum systemische Therapieansätze gegen ihn existieren. Mangels Alternativen wird beim TN immer mit einer Chemotherapie angesetzt.

 

Trippel negative Tumoren kommen häufig bei jungen Patientinnen vor und werden auch bei Patientinnen mit Brustkrebsassoziierten Genmutationen überdurchschnittlich häufig diagnostiziert.

 

Von allen Subgruppen hat der TN zur Zeit die schlechteste Prognose.

Schlägt die Chemotherapie nicht an gibt es kaum eine Chance.

Deshalb wird auf dem Gebiet intensiv geforscht. Es wird nach weiteren Angriffspunkten für neue Therapieansätze gesucht.

 

Zwei vielversprechende Ansätze für die Therapie trippel negativer Mammakarzinome wurden bereits entdeckt.

Seit einigen Jahren gibt es Antikörper, sogenannte Checkpoint Inhibitoren, die das Oberflächenprotein PD-L1 blockieren.

PD-L1 befindet sich auf der Oberfläche der Zellen und hemmt die Immunantwort. Es schützt also die eigene Zelle vor dem eigenen Immunsystem. Ist PD-L1 auf der Oberfläche einer Krebszelle überexpremiert signalisiert die Zelle dem Immunsystem es sei keine Immunreaktion notwendig. Das PD-L1 tarnt also die Zelle vor dem Immunsystem, das unter normalen Umständen entartete Zellen vernichten würde.

Blockiert ein Checkpoint Inhibitor das PD-L1 kann das Immunsystem die Krebszelle wieder angreifen.

 

Dieser Therapieansatz findet in der Therapie trippel negativer Mammakarzinome bereits Verwendung. Jedoch ist nicht jeder trippel negativer Brustkrebstumor PD-L1 positiv.

 

Der zweite vielversprechende Ansatz ist das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Sacituzumab Govitecan.

Es handelt sich hierbei um eine Kombination eines Antikörpers mit einem Zytostatikum.

Der Antikörper Sacituzumab bindet sich gezielt an ein Oberflächenantigen mit dem Namen Trop 2. Durch diese Bindung bekommt es Zugang zur Krebszelle und schleust gezielt das an ihn gebundene Zellgift in die Zelle ein. So kann das Zytostatikum die Zelle von innen bekämpfen.

 

Trop 2 befindet sich auf der Oberfläche der meisten Krebszellen und ist damit ein guter Angriffspunkt. Um Krebszellen gezielt anzugreifen muss man dort ansetzen wo sich Krebszellen von gesunden Zellen unterscheiden.

 

Dieser neue Therapieansatz ist sehr vielversprechend. Erste Studien brachten Ergebnisse die Hoffnung machen in Sacituzumab Govitecan vielleicht ein Medikament gefunden zu haben, dass die Prognose trippel negativer Mammakarzinome in Zukunft deutlich verbessert.

 

Bislang ist Sacituzumab Govitecan in Deutschland nicht zugelassen und nur im Rahmen von Studien oder individuellen Heilversuchen zu bekommen.

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