Sacituzumab Govitecan – Trodelvy – Mein Therapiebeginn
6:30Uhr: Ich bin müde. Der Schlaf mit Cortison ist nicht gut. Ich habe viel geschwitzt heute Nacht. Aber wenigstens kaum gehustet.
Mein Mann ist im Bad. Meine Tochter ist unzufrieden. Sie will nicht aufstehen, weil die Sonne noch nicht scheint. Das verstehe ich.
Ein verregneter Tag beginnt.
7:05Uhr: wir müssen los. Ich bin ein wenig gestresst.
7:13Uhr: endlich sind alle im Auto
Das Wetter passt nicht wirklich zu meiner Stimmung. Ich möchte diesen Tag als hoffnungsvollen Tag, als Neustart sehen. Ein guter Tag!
Mein Cortison habe ich heute früh nicht genommen. Davon bekomme ich ja gleich eine große Dosis intravenös. Ich hoffe, dass zumindest mein Husten dann die nächsten zwei drei Tage keine Probleme macht. Aber jetzt ärgert er mich doch noch sehr und nach inzwischen doch einigen Wochen macht sich mehr und mehr meine Beckenbodenmuskulatur bemerkbar.
7:30Uhr: mein Mann ist bei der Arbeit. In einer halben Stunde muss ich in Tübingen sein. Wird knapp. Aber egal ich muss jetzt erstmal zum Bäcker. Ich brauche dringend einen Cappuccino.
7:50Uhr: der Regen hat aufgehört. Nach einem belegten Brötchen geht es mir jetzt besser. Die Wolken lichten sich und wir sind in Tübingen. Ganz pünktlich werde ich nicht sein, aber das ist ok.
8:02Uhr: Pünktlicher als erwartet (wo war der Berufsverkehr?) fährt mein Bruder mich an der Frauenklinik vor. Jetzt muss ich durch die Coronakontrolle und die Anmeldung. Sehr viel ist nicht los.
8:15Uhr: Ich sitze im Wartebereich der onkologischen Tagesklinik. Außer mir warten hier 9 Frauen und ein super gestresster Mann.
Immer wieder irritiert mich, dass das Warten offensichtlich keinerlei Risiko für eine Infektion birgt. Wir sitzen hier (natürlich mit Abstand und Mundschutz) in einem überfüllten Wartebereich, aber während der Therapie, auf bequemen, zugewiesenen Sesseln müssen Vorhänge zwischen den Patientinnen sein (wie bitte soll ein halbhoher Sichtschutz gegen Corona helfen?).
Ich mache mich auf Wartezeit gefasst.
9:05Uhr: Man hat mich zumindest wahrgenommen. Außer mir warten jetzt noch 5 Patientinnen.
Ich bin ein geduldiger Mensch.
9:20Uhr: Nach wie vor sitze ich hier ohne Cortison. Das hat zur Folge, dass ich immer mehr huste (klingt noch schlimmer, als es sich anfühlt) und die Patientinnen und mich herum zunehmend beunruhigt sind. Klar sollte sein, dass hier in Coronazeiten niemand mit nicht abgeklärtem Husten sitzt, aber die Menschen sind sensibilisiert und Husten fällt heutzutage einfach auf.
9:30Uhr: Ich werde aufgerufen. Mein Port läuft super (Rückläufig jey). Kurze Besprechung wie alles abläuft.
9:45Uhr: Ich bekomme meinen Platz. Liebe Worte. Alle versuchen mir Mut zu machen. Ich habe einen Platz am Fenster und die Sonne scheint herein.
Als erstes nehme ich mein Akynzeo. Meine Sicherheit gegens Spucken (hoffe ich zumindest). Bis die Medikamente da sind läuft jetzt erstmal Wasser (meine Nieren werden es danken, meine Blase eher nicht).
10:15Uhr: Frühstück ist da. Nichts besonderes, aber nett. Eine Tasse Kaffe, ein Früchtetraum und ein belegtes Brötchen.
10:20Uhr: Die Vormedikamente laufen. Jetzt werde ich vermutlich ziemlich bald ziemlich müde. Nicht das schlechteste.
10:55Uhr: während die Vormedikamente liefen wurde ich noch in zwei klinische Studien aufgenommen ( #fürdieforschung )
Jetzt läuft meine erste Infusion Sacituzumab Govitecan. 3 Stunden dauert die erste Gabe. Dann noch ein bisschen Wasser, eine Blutabnahme und dann geht es nach Hause.
Ich bin tatsächlich heute nicht die einzige die dieses Medikament bekommt und ich freue mich sehr, dass das UKT diese Möglichkeit und Chance offensichtlich auch für andere Patientinnen ergreift.
11:40Uhr: Bislang ist alles genau so unspektakulär wie ich es erwartet hatte. Meine Linke Hand schläft dauernd ein, aber ich denke das liegt an der Armlehne, auf der ich ziemlich hänge, weil ich doch recht müde bin.
Mit gegenüber liegt eine Frau, die heute ihre zweite Dosis SG bekommt. Sie scheint zu leiden. Aufgrund einer Sprachbariere ist sie, denke ich, nicht gut aufgeklärt. Sie versucht zu schlafen und ich würde gerne Mut machen, aber die Verständigung erweist sich als äußerst schwierig.
12:35Uhr: Es ist furchtbar langweilig. Meine Blase ist voll, aber ich habe keine Lust zur Toilette zu gehen. Ich weiß, wenn ich damit anfange muss ich alle 5 Minuten aufstehen.
Ich bin ein bisschen unklar im Kopf, aber gefühlt wird das schon wieder besser.
Die Patientin gegenüber schnarcht und kostet mich Nerven. Mein Mundschutz stört. Durch das Cortison ist mein Gesicht warm und meine Brille beschlägt. Obwohl ich eigentlich kein Problem mit dem Mund-Nasen-Schutz habe ziehe ich ihn hin und wieder runter um freie Sicht zu bekommen.
Gerade habe ich dem Papierkram für die beiden Studien erledigt.
Mein selbst mitgebrachter Eistee schmeckt grausam. Wasser ist noch schlimmer. Hier muss ich nicht trinken, ich hänge ja an der Infusion, aber Zuhause ist das ein großes Porblem.
13:55Uhr: Das Sacituzumab Govitecan müsste jeden Moment durch sein. Dann wird mein Infusionsständer piepen. Ich bekomme dann noch ein bisschen Kochsalzlösung, mir wird nochmal Blut abgenommen und dann darf ich nach Hause gehen.
Mir geht es nach wie vor gut. Ich bin ein wenig matschig im Kopf und mein Magen grummelt. Alles im Rahmen.
13:58Uhr: Es piepst. Schönes Geräusch.
14:30Uhr: Mir wurde noch Blut abgenommen und die Nadel entfernt. Eine Mütze habe ich noch geschenkt bekommen (wenn die Haare erst wieder weg sind ist das einfach sehr unangenehm, weil ich so klebe wenn ich so schwitze).
14:35Uhr: Ich sitze im Auto nach Hause.
15:15Uhr: Ich bin Zuhause. Erstmal ne Kleinigkeit essen. Ich könnte einfach immer weiter essen…
16:00Uhr: Die Couch hat mich. Meine Tochter ist schlecht gelaunt (obwohl ich glaube es wird langsam besser). Sie ist müde und hier passiert nichts spannendes.
Wir erwarten Besuch. Das wird sicher anstrengend, aber ich freue mich auch sehr darauf. Ablenkung tut (mir) sehr gut.
16:10Uhr: Unser Besuch ist da. Die Laune meiner Tochter hat sich schlagartig drastisch verbessert. Jetzt muss alles vorgeführt und gezeigt werden. Der Lautstärkepegel ist etwas anstrengend, aber das fehlende Genöle tut sehr gut.
16:40Uhr: Meine Beine sind unglaublich schwer. Sowas habe ich noch nie gefühlt. Jeder Schritt ist eine Leistung.
19:35Uhr: Wir haben gegessen. Mir geht es immer noch gut. Ich warte irgendwie auf den großen Einbruch.
21:15Uhr: Die Nebenwirkungen der Beimedikamente werden besser. Meine Beine sind schwer, mein Gesicht ist rot, aber ansonsten geht es mir gut.
22:30Uhr: Langsam werde ich wieder müde. Unser Besuch wird wohl bald gehen. Vielleicht gehe ich dann einfach schlafen. Ich bin sehr gespannt auf die Nacht und auf morgen früh.
23:20Uhr: Wir sind alleine. Auf dem Sofa lassen wir den Tag zu Ende gehen. Die Treppe nach oben liegt als letztes großes Hindernis noch vor mir.
23:55Uhr: Ich gebe mich geschlagen, poste diesen Bericht noch und gehe schlafen.
Es war ein langer, aber guter Tag.
Ich hoffe, dass kann ich über morgen und übermorgen und so weiter auch sagen.
Gute Nacht 😊