Unter dem Motto „talk about cancer“ beschäftigen wir uns mit den vielen Facetten einer Krebserkrankung.hello@kurvenkratzer.at

Tag 5 – Ein Update

Heute ist Tag 5 meiner neuen Therapie. Tag 5 des ersten Zyklus mit Sacituzumab Govitecan.

Mein Kopf ist wieder einigermaßen klar, mein Kreislauf einigermaßen stabil. Ich kann wieder laufen und auch einen Moment stehen.

Ich gehe davon aus, dass die nächsten Tage gut werden.

Freitag gibt’s dann wieder Gift.

 

4 Tage hat mich diese Gabe also gekostet. 4 Tage größtenteils auf der Couch. Kein großes Leid, aber auch nicht schön.

 

Meine Nebenwirkungen beliefen sich im großen und ganzen auf ein unspezifisches Gefühl ein wenig betrunken zu sein (Konzentrationsprobleme, Erinnerungsschwierigkeiten, Kreislaufprobleme), unglaublich schwere Beine (als ob kiloweise Metal an meinen Beinen hinge) und jede körperliche Betätigung war unglaublich anstrengend.

Gestern tat mir zweitweise mein rechtes Knie so weh, dass ich kaum aufstehen konnte und vom Cortison bin ich schlaflos und leide unter enormem Nachtschweiß.

 

Darüber hinaus kämpfe ich mit fettiger Haut und Empfindungsstörungen in den Zehen. Durch die Hitzewallungen beschlägt ständig meine Brille und zweitweise sind meine Hände so zittrig, dass ich mit ihnen nichts machen kann.

Mein Geschmack verlässt mich teilweise. Salz kann ich kaum mehr schmecken, dafür schmeckt alles immer super süß. Der Geschmack in meinem Mund ist so ekelig, dass ich ständig dagegen an esse.

 

Aber das allerschlimmste ist und bleibt die Verstopfung. Das ist echt ein Dilemma. Das neue Medikamente ist für starke Durchfälle bekannt. Ich wurde gewarnt. Mir wurde sogar gesagt, wenn das zu schlimm wird muss ich ins Krankenhaus damit. Ich wurde ausgestattet mit Medikamenten gegen Durchfall. Und jetzt sitze ich hier und kann nicht aufs Klo. Unangenehm ist es längst, langsam wird es schmerzhaft.

An Abführmittel traue ich mich nicht so richtig heran. Meine Erfahrungen aus den Chemotherapien haben gezeigt, dass mir die vor allem Krämpfe bescheren und mit dem drohenden Durchfall kommt mir das auch eher unklug vor.

Ich esse viel (Danke Cortison) und vor allem viel was ich nicht gut vertrage. Normalerweise würde meine Verdauung das niemals hinnehmen. Aber es geht nichts. Klistiere tun ihren Dienst nicht wie gewünscht, trinken fällt mir unendlich schwer.

Da muss auf jeden Fall eine Lösung her.

 

Im Moment sitze ich im Wartezimmer im Brustzentrum. Ich sitze aufrecht und es strengt mich nicht sehr an. Ich bin OK. Ich bin positiv überrascht.

Ich bin hier um den befallenen Lymphknoten clippen zu lassen. Das habe ich mir erbeten.

Meine Therapie ist palliativ. Das bedeutet es ist kein Ende geplant. Keiner wird mir sagen können ob die Therapie wirkt und wie gut, es sei denn sie wirkt nicht. Das könnte man irgendwann feststellen.

Aber es gibt diesen Lymphknoten von dem wir wissen, dass er befallen ist. Sollte der im Laufe der Therapie kleiner werden würde ich ihn gerne entfernen lassen und die Pathologen drauf schauen lassen. Das wäre eine gute Möglichkeit um eine Aussage zur Wirkung der Therapie zu machen. Aber dafür muss man ihn wieder finden, auch wenn er nicht mehr befallen sein sollte. Also bekommt er heute einen kleinen Metallclip.

 

Und wenn ich schon hier bin werde ich auch meinen Port nochmal zeigen. Der hat am Freitag so hervorragend funktioniert, dass ich schon ganz begeistert war. Leider macht er mir seit dem zunehmenden Probleme. Der Katheter ist von außen deutlich zu sehen und zu spüren und er zieht. Ich habe das Gefühl ich kann meinen Kopf nicht drehen wie ich will, sonst ziehe ich ihn aus der Vene. Das ist sicher nicht wahr, aber das Gefühl führt zu einer unangenehmen Schonhaltung.

Außerdem werde ich das Gefühl nicht los, dass die Portkammer nicht mehr dort ist wo sie Freitag war. Das wäre nicht gut. Die Portkammer wird an der Muskulatur festgenäht. Dass sie verrutscht ist äußerst selten. Ich hoffe die Ärzte hier können mir da einfach Entwarnung geben.

 

Seit zwei oder drei Tagen sind meine Haare so lang, dass sie sich wieder “wuscheln” lassen. Ich könnte sie mit Wachs oder Gel vermutlich scheiteln. Sie werden glaube ich lockig. Schade drum – in Kürze werden sie wieder ausfallen.

Aber was soll’s? Das hat auch Vorteile. Es fallen ja nicht nur die Haare auf dem Kopf aus und an manchen Stellen finde ich den Effekt eigentlich ganz nett.

Am störendsten finde ich die fehlenden Wimpern. Deren Nutzen wird einem erst so richtig vor Augen geführt, wenn sie fehlen.

 

Mein Husten macht mir auch etwas Sorgen. Mein Cortisonkonsum steigt und dennoch wird er immer schlimmer. Ein leidiges Thema, dass eigentlich gerade überhaupt keinen Platz hat.

 

Die Brustsprechstunde ist heute total überlastet. Man hat mich in die Privatsprechstunde geschickt. Hier ist es bequem und leise und leer. Hier bleib ich. Hier stört mich die Wartezeit nicht.

Ich habe eine super bequeme, große, rote Couch, in einem Wartebereich ganz für mich alleine.

 

Ich warte.

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